Online
144

Nov. 2009


Werte Leserinnen und Leser,
die Besprechung über SOL 55, die für diese FK-Ausgabe vorgesehen war, ist leider auf dem elektronischen Postweg verlorengegangen. Da mir bereits genügend Material vorliegt, habe ich entschlossen, die SOL 55-Rezension im FK 145 nachzureichen. In der Ausgabe werden außerdem Besprechungen über SOL 56 (jaja...), PHANTASTISCH! 36, FUTURE MAGIC 65, EDITION HEIKAMP 24, 25 u. a. erscheinen.
Viele Grüße
Armin Möhle



FANTASTIC EPISODES 1, 2
RETTUNGSKREUZER IKARUS 39: EHRLICHE GESCHÄFTE
SCIENCE FICTION OKULAR 265, 266
EXODUS 25

STAMMTISCH-BOTE 18
XUN 22
WHISPERING TIMES 21
FANTASTIC EPISODES 3
PHANTASTISCH! 35
FUTURE MAGIC 64
EDITION HEIKAMP 23: SCHMETTERLINGE WOLLEN FLIEGEN
 


FANTASTIC EPISODES 1
88 Seiten, Taschenbuch, Seitenbindung, ISBN 978-3837057775.
Auflage: unbekannt, 5,80 EUR.
FANTASTIC EPISODES 2
88 Seiten, Taschenbuch, Seitenbindung, ISBN 978-3837083774.
Auflage: unbekannt, 5,80 EUR.
Kontakt: Harald Giersche, Am Entenfang 7, 45481 Mülheim an der Ruhr, E-Mail: harald@begedia.de.

Internet: fanep.begedia.de.

Harald Giersche, der Herausgeber der FANTASTIC EPISODES, sieht seine kleine Buchreihe als Sammlung von Geschichten, die Spaß machen sollen. Einige der Erzählungen sind in sich abgeschlossen, andere Teile eines größeren Werkes, die nach und nach in den Bänden präsentiert werden sollen. Inhaltlich pendeln die Werke irgendwo zwischen Science Fiction und Phantastik, wobei die Grenzen sehr fließend gehalten sind.
In der ersten Ausgabe führt er gleich mit zwei Episoden in zwei längere Werke ein. Zum ersten ist da "Meditoria". "Schemenhaft" erzählt von Benny, der als Patient in einer Nervenheilanstalt sitzt und unter einer seltsamen Persönlichkeitsstörung leidet. Aber steckt nicht viel mehr dahinter? Sein Arzt weiß besser darüber Bescheid, denn auch er ist eigentlich ein fremdes Bewusstsein aus einer anderen Welt, dass diesen vorteilhaften Körper übernommen hat.
Auch "Desperado", der erste Teil von "Magic Fragments", konfrontiert unsere Welt mit der des Übersinnlichen und Geheimnisvollen. Stefan, ein junger Lehrling auf dem Bau, bekommt es schon bald mit seltsamen Gestalten und Zauberei zu tun, nicht ahnend, dass dies nur eine erste Prüfung ist für das, was kommen wird...
Weitere Kurzgeschichten erzählen von der Verzweiflung eines zurückgebliebenen Astronauten auf einem Eisplaneten oder eines Mannes, der durch eine Schlagzeile erkennen muss, dass er versagt hat – als außerirdischer Agent.
Im zweiten Band gesellen sich Gastautoren zu Harald Giersche. Da ist einmal Uwe Post, der mit seinem "Snarfing in Everworld" in eine seiner schrägen Zukunftswelten voller skurriler Technik, aber höchst irdischer Schwächen, Fehler und Eigenheiten entführt. Er persifliert diesmal die unzähligen Fantasy-Massive-Multiplayer-Role-Playing-Games wie WORLD OF WARCRAFT. Und da ist Frederic Brake, der sich in "Sonnenallergie" eines höchst beliebten Themas annimmt und einen Vampirjäger seinen Meister finden lässt.
Die Titelgeschichte "Flucht aus Yonogath" stammt von Harald Giersche und setzt "Meditoria" fort. Diesmal ist es der junge Computerfreak Jens, der sich in eine bizarre und verwirrende Welt jenseits der unseren entführen lässt, nachdem er bei einem Unfall vor dem Einkaufszentrum ins Koma fällt.
Es ist schwierig, Geschichten zu beurteilen, die in erster Linie aus Spaß an der Freud geschrieben wurden. Harald Giersche erzählt in seinen Geschichten Dinge, die man als erfahrener Leser sicherlich schon Dutzende von Malen in der ein oder anderen Form – mal besser, mal schlechter – gelesen hat und deren Ausgang man ohnehin schon kennt. Gerade die Begegnung und Berührung des Außerirdischen mit unserer Welt ist wirklich nichts neues Am eindringlichsten ist noch die erste Geschichte des ersten Bande, "Eisfinger", da sie die Kälte der Situation deutlich spürbar macht, die anderen Geschichten, gerade die längeren verlieren nach einem interessanten Anfang schnell an Fahrt und Spannung. Gerade ihnen fehlt es auch an einer intensiveren Stimmung, die noch so einiges hätte retten können.
Routiniert dagegen schreibt Uwe Post, auch wenn die Geschichte nur durch seine humorvollen Vergleiche lustig wirkt und ansonsten klassische Vorurteile wiederkäut. Highlight der Bände ist "Sonnenallergie". Die Geschichte stellt einige Klischees auf den Kopf, die mit Vampiren und Vampirjägern einhergehen, auch wenn das Ende nicht so ganz zum humorvollen Anfang passen will.
Alles in allem sind die beiden ersten Ausgaben der FANTASTIC EPISODES sehr durchwachsen, gerade der erste Band. Der Leser muss deshalb für sich selbst heraus finden, ob ihn diese Variationen altbekannter Themen wirklich fesseln können und ob er danach auch noch weiteren Bänden eine Chance geben möchte.


Christel Scheja, Solingen


RETTUNGSKREUZER IKARUS 39: EHRLICHE GESCHÄFTE
102 Seiten DIN A 5, Klebebindung, ISBN 978-3-941258-18-1.
Auflage: unbekannt, 6,90 EUR.
Kontakt: Roman-Truhe Buchversand, Röntgenstr. 79, 50169 Kerpen.
Internet: www.rettungskreuzer-ikarus.de.

Mit EHRLICHE GESCHÄFTE – ein offenkundig ironisch widersprüchlicher Titel, dessen Implikationen sich durch den ganzen Roman ziehen – liegt nach URLAUB AUF SHAHAZAN der zweite Band des neuen Zykluses vor. Irene Salzmann nimmt nur bedingt den Handlungsfaden aus dem ersten Roman wieder auf.
Shahazan leidet weiterhin unter der geheimnisvollen Seuche, die sich zumindest laut ersten Recherchen als Designervirus mit bislang unbekannten Folgen entpuppen könnte. Jason Knight ist zumindest nicht auf dem ansonsten idyllischen Urlaubsplaneten gefangen. Er wird Zeuge eine spektakulären Entführung einer Wissenschaftlerin direkt vom Raumhafengelände und sucht weiterhin verzweifelt ein Gegenmittel gegen die Krankheit. Unbewusst weiß wahrscheinlich Cornelius Septimus mehr über diesen gefährlichen Anschlag. Ihm wird ein Speicherkristall von einem ihm Unbekannten übergeben, den er weiterreichen soll. Allerdings genügt das Septimus nicht, er versteckt den Kristall und stellt kurze Zeit später fest, dass der Bote bei einem Anschlag auf den Regierungspalast ermordet wird. Das Raumschiff, in das er sich unter falschen Namen eingebucht hat, um den Planeten zu verlassen, wird durch eine Bombe zerstört und ihm sind geheimnisvolle Männer immer dichter auf der Spur. Jede Ablenkung fruchtet nicht und selbst die notgedrungene Verkleidung als Frau hält nur einen Augenblick. Cornelius Septimus muss erkennen, dass die fremden Attentäter immer radikaler vorgehen und schließlich auch Geiseln nehmen, um an ihr Ziel, den Kristall, zu kommen.
Coverabbildung RETTUNGSKREUZER IKARUS 39Einen Großteil des vorliegenden Romans nimmt Cornelius Septimus abenteuerliche Flucht ein. Dabei beschreibt die Autorin Irene Salzmann die verschiedenen Abschnitte mit sehr viel Humor, der allerdings eingeschränkt nicht unbedingt originell oder gar neu ist. Die pointierten Dialoge erinnern manchmal zu stark an Woody Allen-Komödien. Sowohl die "pieksende Nichtwaffe" als auch die "einseitige visuelle Übertragung", der schmierige Raumschiffhändler mit einer umfangreichen Pornosammlung und die verschiedenen manchmal ungewöhnlich dummen Methoden der Verfolger, sowohl Cornelius zu stellen als auch den Speicherkristall in die Hände zu bekommen, erscheinen einem aufmerksamen Leser zumindest teilweise aus verschiedenen anderen Büchern oder Filmen bekannt. Irene Salzmann bewegt sich zumindest auf dem schmalen Grad zwischen Kopie und Parodie. Im Rahmen ihres allerdings sehr stringenten und gut ausbalancierten Kurzromans fallen diese bekannten Elementen nicht all zu stark ins Gewicht. Der Leser fokussiert seine Aufmerksamkeit eher auf die größeren Zusammenhänge, von denen allerdings im vorliegenden zweiten Band kein einziger offener Punkt nur näherungsweise aufgeklärt wird. Die geheimnisvolle Macht bestehend aus Männer mit weiten, fallenden und grauen Gewändern, die Jagd auf Cornelius machten wirkt im Grunde von Beginn des vorliegenden Bandes aufgrund des eher müden, als überzeugenden Prologs trotz oder gerade wegen aller Bemühungen nicht wirklich gefährlich.
Insbesondere im Mittelteil hätte sich Irene Salzmann ein wenig mehr Mühe geben können, um die Verfolgung dramatischer und bedrohlicher darzustellen. Kaum kommt ein wenig Spannung auf, dreht die Autorin an der humoristischen Schraube. Die Begegnung mit dem Raumschiffverkäufer handelt wie mancher anderer Seitenhieb auf die sexistischen und notgeilen Männer alle Anmacheklischees ab. Warum nicht irgendetwas Außergewöhnliches schreiben? Das vorläufige Ende von Cornelius Flucht und die Vereinigung der zwei bislang parallel, aber gut abgegrenzten Handlungsarme rundet eine Szene ab, die DIE HARD IN SPACE durchaus alle Ehre machen könnte. Sie wirkt übertrieben und nicht ganz schlüssig – immerhin hat Cornelius ja noch das Faustpfand, den Speicherkristall –, wird aber effektiv und spannend beschrieben.
Auf den letzten Seiten konzentriert sich die Autorin neben einer obligatorischen und unnötigen Geiselnahme – auch hier stellt sich die Frage, warum die Schurken derartig dumm agieren müssen bzw. ihre Charaktere mit eindimensional noch überdurchschnittlich beschrieben wären – darauf, das Feld für Achim Hiltrops folgenden Roman FLAMMENDE BEGISTERUNG zu wecken. Rückblickend ist der Titel EHRLICHE GESCHÄFTE ein wenig verfehlt, es wäre interessant gewesen, wenn der Speicherkristall ohne Kenntnisse der jeweiligen Käufer/Verkäufer durch zahlreiche Hände gegangen wäre. Bei den Geschäften hätten sich die Partner ja gegenseitig übervorteilen können, während Cornelius bzw. seine Verfolger verzweifelt das Objekt der Begierde trotz der zahllosen unterschiedlichen Rassen zurück zu erobern suchten. Diese Idee ist auch nicht unbedingt origineller als der vorliegende Plot, hätte aber mehr dem Titel entsprochen.
Natürlich ist es unmöglich, einen Zyklus nach dem zweiten Roman zu beurteilen. Im Vergleich zu URLAUB AUF SHAHAZAN, der wegen seiner teilweise zu hölzernen Dialoge und Charakterüberzeichnung ein wenig zu schrill und zu einseitig daher gekommen ist, liest sich Irene Salzmanns unauffälliger, aber sehr flüssiger Stil bedeutend einfacher. Ihr gelingt es, eine Reihe von im Grunde lustigen Dialogen zu schreiben, deren Zwischentöne nicht neu sind, die aber zu der Charakterisierung der einzelnen Protagonisten gut passen. Bis auf die schon angesprochenen eindimensionalen Schurken sind insbesondere die Protagonisten zufriedenstellend charakterisiert. Cornelius Septimus trägt auf seinen ambivalenten Schultern einen Großteil der Handlung und wirkt durchaus sympathisch. Von einem Zwitter-Bond zu sprechen wäre übertrieben, aber Irene Salzmann schreibt ihm einige geschlechtsspezifisch unterhaltsame Spitzen auf den anscheinend attraktiven – für Männer und Frauen – Leib.
Die Hintergrundbeschreibungen sind abwechslungsreich und teilweise ausgesprochen originell. Die Protagonisten sind im Grunde in ständiger Bewegung, trotzdem nimmt sich die Autorin ausreichend Raum, um die jeweiligen Welten bzw. exotischen Landschaften und Städte kurz beschreibend zu umreißen. Die wenigen gut positionierten Actionszenen zufriedenstellend geschrieben. Die größte Schwäche des vorliegenden Bandes liegt in der Tatsache, dass zu wenige wirklich originelle Ideen eingeflossen sind. Die Schwäche des Auftaktbandes wird zwar nicht mehr verstärkt, aber rückblickend leider auch nicht abgemildert. Irene Salzmann macht zumindest gute Miene zum bösen Spiel und liefert mit EHRLICHE GESCHÄFTE einen trivialen – nicht unbedingt negativ gemeint –, solide geschriebenen und kurzweiligen Roman ab, der allerdings nach erfolgter Lektüre eine gewisse Leere im intellektuellen "Magen" hinterlässt.

Thomas Harbach, Lübeck


SCIENCE FICTION OKULAR 265, 266
16, 18 Seiten DIN A 4, Seitenheftung.
Auflage: unbekannt, jeweils 1,50 EUR.
Kontakt: SCIENCE FICTION CLUB NORDRHEIN-WESTFALEN E. V., Irma Leu, Berliner Str. 206, 45144 Essen, E-Mail: Irma.Leu@freenet.de.
Internet: www.sfokular.de.


Nach einer mehrmonatigen Pause wegen Materialmangels sind wieder zwei Ausgaben des SCIENCE FICTION OKULARS erschienen. Die Ausgabe 265 wird von einer sehr ausführlichen und detaillierten Inhaltsangabe des Romans DAS MAGISCHE MESSER, dem zweiten Band der GOLDENEN KOMPASS von Philip Pullmann, dominiert, den Iris Altmann verfasste. Eine inhaltliche Auseinandersetzung erfolgte wohl erst in der Diskussion, nachdem Iris ihren Text während eines Clubtreffens vorgetragen hatte.
Auch die SFO-Ausgabe 266 steht im Zeichen des phantastischen Films. Arno Behrend bespricht DISTRICT 9. Ich folge zwar nicht seiner Einschätzung, dass der Streifen kein typisches "Hollywood-Produkt" ist (in der zweiten Hälfte, während des Kampfes mit der Söldnertruppe, folgt DISTRICT 9 sehr wohl den Konventionen von Action-Filmen), aber immerhin, der Beitrag enthält eine Wertung. Natascha Schlüter zeigt sich engagiert und fleißig, in dem sie nicht nur über (auch) über DISTRICT 9, sondern auch über weitere Filme berichtet, die auf dem Fantasy-Filmfest 2009 gezeigt wurden, durchweg mit kritischen Ansätzen, wenn auch nicht in demselben Ausmaß wie Arno (was vielleicht dem Umfang des Stoffes geschuldet ist).
Der SCIENCE FICTION CLUB NORDRHEIN-WESTFALEN hat insbesondere mit dem SFO 266 eine informative Ausgabe vorgelegt.


Armin Möhle, Wallenhorst 


EXODUS 25
102 Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1860-675X.
Auflage: unbekannt, 9,90 EUR, 2er-Abonnement 19,00 EUR.
Kontakt: René Moreau, Schillingsstr. 259, 52355 Düren, E-Mail: rene.moreau@ exodusmagazin.de.
Internet: www.exodusmagazin.de.
Bankverbindung: Postbank Köln (BLZ 370 100 50), Konto 2851 70-505.

Unter dem Titel "Die neuen Menschen" präsentiert die 25. Ausgabe von EXODUS zehn Geschichten.
Christian Weis schildert in "Wiederkehr" das Seelenleben eines psychiatrischen Versuchsobjektes, das unter massiven Störungen seines Erinnerungsvermögens leidet. Der Patient versucht verzweifelt, auszubrechen, scheitert jedoch an seinem Geisteszustand. Die Story ist einfühlsam und überzeugend umgesetzt. Die Idee, menschliche Versuchsobjekte mit Bewusstsein vorzuhalten, erscheint allerdings etwas weit her geholt und riecht nach Verschwörungstheorie.
Von einer Auseinandersetzung zwischen alten und neuen Menschen (Androneos) berichtet Olaf Kemmler in "Sectio Aurea". Winkelzüge und alte menschliche Eigenschaften gewinnen Gewicht für die Entscheidung. Die Story bietet kurzweilige Lektüre und singt eine Ode auf die Unvollkommenheit.
Christoph von Zastrow lässt den Leser in "Frost" an den Gedanken eines todkranken Tiefkühlschläfers teilhaben, der seiner Erweckung und – mittlerweile möglichen – Heilung entgegensieht. Die Geschichte ist brillant geschrieben und hat einen schönen Schluss.
"WWW" handelt von einer Menschheit, die ihr Leben vollständig in den Cyberspace verlegt hat. Die wahre Welt ist verrottet, seelenlose Automaten erhalten die physische Existenz der Personen aufrecht, und es herrscht Friedhofsatmosphäre. Achim Stößer bietet damit einen interessanten, gut aufbereiteten Denkanstoß zur wachsenden Fixierung auf virtuelle Ersatzwelten.
Auf den Spuren von 1984 wandelt Antje Ippensen mit ihrer Story "Mehr als die Summe seiner Teile". Sie bereichert das dystopische Szenario der Vergangenheitsverdrängung und -fälschung um die Idee einer Emotionskontrolle. An die Stelle diktatorischer Willkür tritt in ihrer Vision eine gleichförmige Gesellschaft, die alle Menschen bis in den letzten Winkel kontrolliert und krankhaft auf Harmonie bedacht ist vor dem Hintergrund, dass sie ihren natürlichen Lebensraum verloren hat. Ein einfallsreicher und gut inszenierter Albtraum.
Coverabbildung EXODUS 25"Der Mars-Dialog" von Robin Haseler dreht sich zunächst um Legitimität und Grenzen künstlicher Eingriffe in menschliches Erbgut und macht dies scheinbar zum Motiv für einen drohenden Krieg zwischen Nationen, die in dieser Frage uneins scheinen, desillusioniert den Leser dann aber vollends. Die Story ist flott geschrieben, unterhaltsam und nicht ohne Tiefgang.
In "Holonium Blues" widmet sich Sewarion der Drogenproblematik. Er schildert, wie ein Polizist Süchtige jagt und dabei selbst dem Rausch näher kommt. Ein erhobener Zeigefinger wird vermieden, der Autor stößt den Leser in Chaos und Untergang und wird dem Thema damit rundum gerecht.
"Bis ans Ende der Welt" ist eine Story von Christian Weis über einen Rettungseinsatz. Die Lage in einer Terraforming-Station auf einem fremden Planeten ist außer Kontrolle geraten. Die eintreffenden Helfer finden desolate Verhältnisse vor und stehen vor der Entscheidung, ihren militärischen Auftrag zu erfüllen oder dringend erforderliche humanitäre Hilfe zu leisten. Die Geschichte ist packend geschrieben und ringt sich zu einem gemischten Ende durch.
Wolf Wellings "Fuckmanimal" ist ein künstliches Sexobjekt mit beschränktem Bewusstsein, das sich vor Freiheitsdrang blind aus dem Fenster stürzt und stirbt. Der Autor stellt den Leser vor die Frage, wie weit der Mensch bei der Schaffung künstlichen Lebens gehen darf, wann er damit die Würde der Kreatur verletzt oder sich selbst als pervers erweist. Die originelle und überzeugende Geschichte schließt mit der Aussicht, die Presse werde eine öffentliche Diskussion anstoßen.
In "Entscheidung unter dem Thales-Fenster" führt Frank Neugebauer den Leser in eine unbegreifliche Zukunft. Außerirdische Invasoren verwandeln jeden Menschen in ein höheres Wesen. Alle Naturgesetze werden bedeutungslos. Die Selbstvorstellung des Autors greift die ans Absurde grenzende, bombastische Handlungsführung auf und führt die ironische Darstellung fort.
EXODUS 25 gönnt sich eine Vielzahl guter Illustrationen, die mehrheitlich auf den Inhalt der Stories abgestimmt sind. Die handgezeichneten Bilder haben dabei in aller Regel eine höhere Ausdruckskraft als die computergenerierten. Vier Grafiken, die nicht den Stories zuzuordnen sind, wurden im Farbdruck wiedergegeben. Klaus N. Frick schildert im Begleittext "Der neue Mensch der neuen Zukunft", wie er sie deutet.
EXODUS 25 verbreitet hauptsächlich eine düstere, problemgeladene Stimmung, enthält an einigen Stellen aber auch offene bis positive Ausblicke bzw. humoristische Wendungen.
Ein hohes Niveau, thematische Vielfalt und gedankliche Tiefe machen die Ausgabe zu einer lohnenden Lektüre. Olaf Kemmler schildert im Editorial, dass sich die Redaktion keine Hoffnungen macht, mit ihrem Magazin in den professionellen Bereich vorzustoßen. Für den Leser ist dies kein Verlust, zumal EXODUS somit keine kommerziellen Rücksichten nehmen und nicht auf ein breites Publikum zielen muss. Die Geschichtensammlung fordert von ihm allerdings ein gewisses Maß an Konzentration, da die Texte nicht auf gängige Unterhaltungsschemata zugeschnitten sind und teils auf dichtem Raum weitreichende Gedanken enthalten. Die Grafiken reizen eher die Phantasie, als dass sie die Vorstellungen des Lesers binden würden.


Clemens Nissen s. ps., Schortens


STAMMTISCH-BOTE 18
24 Seiten DIN A 5, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Kontakt: Horst Schwagenscheidt, Heidestr. 16, 45476 Mülheim, E-Mail: Schwagi.MH@T-Online.de.


Das ist doch tröstlich! Selbst nach gut dreißigjähriger Tätigkeit im Fandom, ist man immer noch zu jung, um den Oldi-Kon besuchen zu dürfen. Daher hätte ich im letzten Jahrtausend die Fünfziger erreichen müssen. Zum Glück ist es noch nicht soweit .
Hope Schwagenscheidt rührt kräftig die Werbetrommel für diesen Kon, bei dem sich alte Veteranen des Fandoms treffen und sich über frühere Zeiten austauschen Leider hat er es aufgrund eines Unfalls nicht geschafft zum Kon zu fahren und bittet nun mittels eines extra eingelegten Beiblattes um Fotos.
Der STAMMTISCH-BOTE erscheint mittlerweile im zehnten Jahr und hat damit die unregelmäßige und unberechenbare Erscheinungsweise wie andere Ego-Zines zum Teil auch. Eben nach Lust, Laune und Zeit des Redakteurs.
Diese Ausgabe enthält neben dem Vorwort, ein paar Werbeseiten für den DvR-Verlag und ein paar Zeichnungen nur zwei inhaltliche Beiträge, die der Herausgeber in einem großzügigen Layout präsentiert.
Der erste Beitrag ist eine Geschichte von Inge Ranz. Es ist die Geschichte eines kleinen Mädchens, das um die Gesundheit ihres Bruders bangt und der eines Nachts ein winziges Gespenst erscheint und ihr einen Wunsch gewährt. Sie widersteht der Versuchung sich einen "Lover" oder ein eigenes Zimmer mit Radio und Fernseher zu wünschen (warum keinen Computer?), sondern wünscht sich ihren Bruder wieder gesund. Die Umsetzung dieses Wunsches wird für die kleine Fee gar nicht so einfach und daraus gewinnt die kleine Story ihren Charme. Die Autorin scheint noch etwas jünger zu sein, da das alles doch recht naiv angelegt ist.
Der zweite Beitrag ist dann für alte Fandom-Hasen interessanter. Heinz Zwack, der unter den Pseudonym Heinz Nagel viele SF-Romane übersetzte (darunter DAS ORAKEL VOM BERGE), berichtet, wie er zur Science Fiction kam und neben seinem Brotberuf als Übersetzer arbeitete. Spannend sind dabei die Einblicke in die Verlagspolitik in den früheren Jahren, bei denen ein Heftroman zweihundertvierzigtausend und ein Leihbuch dreihundertsechzigtausend Anschläge hatte – egal wie lang das Original war. Auch schildert er seine spätere Arbeitsweise, in dem er die Übersetzung auf ein Band diktierte. Die Schreibarbeit machte dann jemand anders. Der Beitrag ist mit vielen Coverabbildungen der erwähnten SF-Romane versehen.
Zwei nette kleine Beiträge machen aus dem STAMMTISCH-BOTEN ein lesenswertes, wenn auch recht dünnes Fanzine, das ruhig häufiger erscheinen dürfte.


Holger Marks, Marburg


XUN 22
88 Seiten DIN A 5, Seitenbindung, ISSN 1862-7552.
Auflage: unbekannt, 3,50 EUR, 3er-Abonnement 12,00 EUR, 5er-Abonnement 19,00 EUR, 8er-Abonnement 30,00 EUR.
Kontakt: Bernd Walter, Michelsbergstr. 14, 74080 Heilbronn, E-Mail: xun@xun-online.de.
Internet: www.xun-online.de.


Das Magazin XUN kann man mittlerweile als feste Größe in dem über die Jahre arg geschrumpften Fanzine-Sektor betrachten, und dabei steht noch nicht einmal ein Club hinter dem Projekt. Über mangelndes Material muss sich Herausgeber Bernd Walter jedenfalls nicht beklagen, denn auch die 22. Ausgabe konnte er wieder abwechslungsreich mit Geschichten, Rezensionen und Illustrationen bestücken.
Auf den ersten Blick hin fällt XUN positiv durch ein farbiges Front- und Backcover auf. Der Inhalt hält, was versprochen wird, denn das Kurzgeschichten-Magazin wartet mit zehn phantastischen Geschichten und einem neuen bzw. abschließenden Kapitel zu den zwei Fortsetzungsromanen auf. Auch wenn diesen stets eine Zusammenfassung des Bisherigen vorangestellt wird und es sehr erfreulich ist, dass auch längere Beiträge akzeptiert werden, haben nur die regelmäßigen Leser wirklichen Spaß an den Romanen. Falls ältere Teile verpasst wurden, hilft das Buchprogramm von XUN weiter, in dem "Crystal" von A. T. Legrand W. Berners "Nebelmond" erscheinen sollen.
Coverabbildung XUN 22Michael Buttlers Protagonist verdient seine Brötchen als Zeichner. Unverhofft macht sich der Superheld aus seinem "Comic Strip" selbständig und tauscht mit seinem Schöpfer den Platz, will diesen sogar auslöschen, um sein neues, besseres Leben zu bewahren. Allerdings sind die Gesetzmäßigkeiten der beiden Welten nicht dieselben… Dass Comic-, Roman- und Film-Figuren ihren geistigen Väter und Müttern oder Fans erscheinen, ist nicht neu, aber das Thema fasziniert immer wieder, und der Autor fügt eine gefällige Variante hinzu.
 "Die Nacht vor dem Begräbnis" verbringt der kleine Robbie keineswegs trauernd, im Gegenteil: Er hütet ein böses Geheimnis und hat noch etwas vor, das er in die Tat umsetzt, als die Erwachsenen endlich schlafen. Am nächsten Tag kommt es, wie es kommen muss, aber auch für Robbie hat seine Tat Konsequenzen. Jakub Matejas Story ist schaurig und basiert auf dem Gedanken, dass sich alles irgendwann rächt.
Das gleiche gilt auch Norbert Savoys "Gerechte Kurve", in der ein uneinsichtiger Unfallverursacher das Schicksal seines Opfers erleidet – ein aktuelles Thema, liest man doch in der Tageszeitung regelmäßig von Rasern und den Folgen ihrer Rücksichtslosigkeit und Unvernunft.
Helmut Marischka bietet einen Mix aus Kaspar Hauser und Werwolf-Mythos: "Raues Land" stellt eine große Herausforderung für den Ausreißer Rafael dar, der sich einer Gang angeschlossen hatte und verletzt zurück gelassen wurde. Obwohl es ihm immer schlechter geht, will er nicht aufgeben, sondern es den Kameraden heimzahlen. Unerwartete Hilfe macht die Revanche möglich, hat aber ihren Preis.
Das sind nur vier Beispiele für die Geschichten, die alle phantastischen Genres – Fantasy, SF und Horror – abdecken, so dass praktisch für jeden Geschmack etwas dabei ist. Ergänzt wird mit drei Rezensionen und mehreren kleinen und ganzseitigen Illustrationen u. a. von Christel Scheja, Peter Wall und Rainer Wissmann.
Alles in allem offeriert XUN bunte Unterhaltung und eine solide Aufmachung zum kleinen Preis. Erwähnenswert ist außerdem, dass die Redaktion offen für Material-Sendungen ist – wer also nicht nur konsumieren, sondern selber aktiv sein möchte, ist eingeladen, Geschichten, Sekundärtexte und Grafiken an den Herausgeber zu schicken.
XUN – ein Projekt, das man unterstützen sollte!


Irene Salzmann, Kranzberg


WHISPERING TIMES 21
56 Seiten DIN A 5, Mittelheftung.
Auflage: 60 Exemplare, Fanzinetausch.
Kontakt: Holger Marks, Am Schützenplatz 2b, 35039 Marburg/Lahn, E-Mail: holgermarks@gmx.de.


Was lange währt, wird endlich gut – und so verkündet Armin Möhle im "Armötorial", dass ein Beitrag, der in 2005 Priorität hatte, in diesem Heft nicht zum Abdruck kommt. Überhaupt ist die Bezeichnung Duo-Egozine nicht aus der Luft gegriffen, sondern Programm – und das konsequent. Jeder der beiden Herausgeber bestreitet hälftig den Heftumfang mit seinen Beiträgen bzw. Artikeln. Während das Cover den Titel von Armins 28 Seiten-Part darstellt, ist die zweite Hälfte vom Heft (um 180 Grad gedreht) dann der abgeschlossene Teil von Holger.
Wie in man es von einem Egozine erwarten darf, sind die Beiträge sehr persönlich und subjektiv. Nichtsdestotrotz wäre ein Inhaltsverzeichnis, auch ein klitzekleines, eine praktische Sache. Darauf verzichteten jedoch beide. Schade! So bleibt nur, entweder artig nach der Reihenfolge durchzulesen oder sich blätternd seinen Weg zu suchen.
Armins Welt:
"Wenn einer schreibt…" In seinem Erstbeitrag geht Armin auf die Namensfindung bei seinen Erzählungen ein und offenbart uns, dass Telefonbücher und Friedhöfe nicht die schlechteste Wahl sind. Kurios wird es, wenn er in einer seiner SF-Stories die Namen US-amerikanischer Krimiautoren verwendet, eben diese Erzählung auf seine Web-Seite einstellt, wo dann einer der drei amerikanischen Autoren sie wohl las und sich daraufhin staunend, schmunzelnd in seinem Blog dazu äußerte. Nicht ohne darüber zu sinnieren, welcher Teufel wohl einen gewissen "German Science Fiction writer named Armin Moehle…" dabei geritten haben könnte. Nett zu lesen und die eine oder andere Anregung fällt auch noch dabei ab.
"10 x Philip K. Dick" setzt sich mit der zehnbändigen Kurzgeschichtensammlung des Haffmans Verlages auseinander. Das mit Liebe zum Detail und in aller Ausführlichkeit. Ein Highlight für Fans bzw. Leser, die sich für Dicks Schaffenswerk im Kurzgeschichtenbereich interessieren. Für mich, als eher widerwilligen Kurzgeschichtenkonsumenten, ein zwiespältiges Ding.
Coverabbildung WHISPERING TIMES 21"DKZ und kein Ende". Das Kürzel steht für Druckkostenzuschuss. Fällt der Groschen? Schon Mitte der achtziger Jahre (des vorigen Jahrhunderts) schäumte Partner Klaus N. Frick in SAGITTARIUS über die Druckkostenzuschuss-Abzocke und einen gewissen Herrn Dienelt und dessen Verlagspraktiken. Überrascht war ich, dass dieses Geschäftsmodell sich auch ins 21. Jahrhundert gerettet hat. Die Masche ist nicht wirklich neu, doch überraschend ist, dass im Fandom auch bekannte Clubs, die schon jahrzehntelange Erfahrung im Fanzinemachen haben, darauf hereinfallen. Hier hat Armin gründlich recherchiert und mit Zahlen und Fakten die Abzocke belegt. Genial, sage ich da!
"Aus dem fannischen Sumpf…" bildet den kurzen und knackigen Abschluss. Einige Gedanken darüber, warum man als Autor von den gar arg überlasteten Fanzine-Herausgebern so selten (fast nie) eine konkrete Rückmeldung bekommt, ob eine Story angenommen wird oder nicht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Holgers Literatursplitter:
"Cyberpunk is dead! Is it?" Lesen wir Cyberpunk, dann denken wir an William Gibson und seinen Roman NEUROMANCER. Holger Marks geht es auch nicht anders. Darüber hinaus stellt er sich die Frage: Was ist denn mit dieser Literaturgattung anschließend passiert? Ist sie wirklich sang- und klanglos eingegangen? Ist sie tot? Dabei schlägt er den Bogen von Cyborgs und Chimären, über Spielkonsolen, bis hin zu Avataren wie in Second Life bis hin zum Fünfziger-Jahre-Vorgänger, dem Transhumanismus. Irgendwie erinnert mich das an die Parallele mit den kleinen Kommunikatoren, die William Shatner als Captain Kirk verwendete und den Ist-Zustand von heute, der als iPhone über den Ladentisch geht. Ein kenntnisreicher Artikel, der auch auf neuere Veröffentlichungen des Jahres 2006 eingeht.
"Die Pseudonyme des Herrn Linebarger". Zusammen mit Karl-Ulrich Burgdorf erforschte Holger Marks die mögliche Entstehung des Pseudonyms und legte anhand von Wortklang und Doppelbedeutungen die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten dar. Das hatte was. Unmittelbar danach schließt sich eine Werksbetrachtung der Stories und Romane von Cordwainer Smith an und rundet so das Ganze ab.
"Wie aus dem einen Ring ein Helm wurde". Gab es Parallelen zwischen einem Carl Barks-Comic (DONALD DUCK) und Tolkiens HERR DER RINGE-Erzählung. Und wenn ja, sind sie reiner Zufall oder hat gar einer vom anderen abgeschaut? Welch’ Frevel für wahre Tolkien-Fans! Hätte der große Meister sich tatsächlich vom rüpelnden Enterich inspirieren lassen? Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: lest den Artikel doch selbst!
In das "Das Taraxacum macht zu" setzt sich Holger mit dem Ende einer ungewöhnlichen Buchhandlung im ostfriesischen Leer auseinander, von der er ausgerechnet in der Wochenendbeilage der Süddeutschen erfuhr. Nicht so ungewöhnlich, schließlich ist der Kauf von Büchern ungemein Internet-affin, wie auch Holger Marks prompt feststellte.
"Bis(s) zum Abwinken" entlässt den Leser dann. Ein kurzer Blick in die Spiegel-Bestsellerliste. Ein "Aha – neun von zwanzig Titeln sind Fantasy"! Elfen, Orks und Vampire allüberall. Auch im Land des religiösen Fundamentalismus (USA) boomt dieses Genre. Meyers "Bis(s)-Romane" werden selbst von der konservativen WELT als "Plädoyer für den vorehelichen Triebverzicht … und als übersexualisiert und unemanzipatorisch" bezeichnet. Gut, dass es mal gesagt wurde.
Was bleibt?
Ein Fanzine, das man gerne auch ein zweites Mal zur Hand nimmt. Die enthaltenen Beiträge sind stimmig, die Lektüre ist anregend. Den "Elfen, Orks und Beißerwahn" hätte ich gerne auch in Form eines längeren Artikels gesehen. Das ist eigentlich auch schon das größte Manko an WHISPERING TIMES. Die Tatsache nämlich, dass mindestens drei oder vier Beiträge ein größeres Leserpublikum verdient hätten. Na wer weiß? Vielleicht fühlt sich einer der beiden jetzt mal animiert, den FANDOM OBSERVER mit einem Artikel zu beglücken.


Günther Freunek, Osnabrück


FANTASTIC EPISODES 3

88 Seiten, Taschenbuch, Seitenbindung, ISBN 978-3839109472.
Auflage: unbekannt, 4,95 EUR.
Kontakt: Harald Giersche, Am Entenfang 7, 45481 Mülheim an der Ruhr, E-Mail: harald@begedia.de.
Internet: fanep.begedia.de.

Harald Giersche, der Herausgeber von FANTASTIC EPISODES, einem TB, das als Book on Demand produziert wurde, offeriert im dritten Band drei in sich abgeschlossene Kurzgeschichten der Genres Fantasy und SF.
Carolina Hein erzählt in "Quelle der Hoffnung" wie der tapfere Recke Theodemir eines Nachts aufschreckt und feststellt, dass seine geliebte Gemahlin verschwunden ist. Er hört eine Stimme, der er ins Moor folgt, sehr wohl wissend, dass dort unheimliche Wesen hausen. Tatsächlich wird er von einer Dämonin in den Sumpf gezogen, ertrinkt aber nicht, sondern findet sich auf festem Boden wieder. Seine unheimliche Entführerin stellt Theodemir vor die Wahl: Entweder wird er ihr Gefährte – oder seine Christina ist für immer verloren.
Die Story ist solide erzählt, wirkt aber für die wenigen Seiten etwas überladen, da die Autorin zu viele Proben, die der Protagonist bestehen muss, hinein packt. Weniger wäre hier mehr gewesen, zumal sich dann auch Raum geboten hätte, die Genre-Archetypen differenzierter darzustellen und etwas von dem strikten Gut-Böse-Schema abzuweichen.
Coverabbildung FANTASTIC EPISODES 3In "Exolu 1: Venidico" beginnt Harald Giersche, eine eigenständige Zukunftsvision zu entwickeln: Die Erde hat das "dunkle Zeitalter" hinter sich gelassen, dank der Magnopoten – besonders begabten Menschen –, die den Überlichtantrieb für die Raumschiffe und vieles mehr entwickelt haben, so dass es inzwischen zahlreiche Kolonien überall in der Galaxis gibt. Auch Agenta Irmina Kowa entdeckt an sich eine Begabung, die ihr von großem Nutzen ist, als sie auf einem Auswandererschiff in einem Mordfall ermittelt.
Eigentlich sollte sich der Hintergrund aus der Story selbst erklären, aber so recht will das nicht gelingen, denn der Leser wird mit vielen neuen Begriffen und Eigennamen konfrontiert, an die er sich erst gewöhnen muss. In Folge springt der Funke auch nicht über, während man mit den Protagonisten rätselt, was alles um sie herum passiert – verschwundene Sterne und eine Romanze sind bloß zwei Beispiele.
Man hat das Gefühl, als handle es sich bei diesem Beitrag um den Auftakt einer Serie (die Bestätigung, dass wenigstens eine zweite Story geplant ist, findet man im Vorwort) – und vielleicht beginnt man, in den nächsten Episoden, wenn man zumindest mit einigen Charakteren und Termini vertraut ist, heimisch zu werden.
Ebenfalls von Harald Giersche stammt "Holo-Hunter 1 – Der Auftrag". Hier verursacht der Protagonist einen Auffahrunfall und findet sich anschließend an einem ganz anderen Ort wieder, wo seltsame Männer ihn für ihr Projekt anwerben wollen. Es geht um Invasoren aus dem All.
Die rasante Story lässt den Leser ebenso verwirrt zurück wie den Protagonisten, der spontan die Seiten wechselt. Das Ende ist offen, und man darf spekulieren.
FANTASTIC EPISODES ist solide gemacht, sieht sehr gut aus und kann mit den Publikationen anderer kleiner Verlage mithalten.
Der Inhalt ist Geschmackssache, da die Geschichten entweder zu experimentell erscheinen, Einführungscharakter haben oder einem bekannten Thema keine originelle Variante hinzufügen. Die Protagonisten wahren Distanz zum Leser, es fällt einem schwer, sie sich und ihr Umfeld bildlich vorzustellen.
Am besten schaut man einfach mal hinein und macht sich selber ein Bild von der Anthologie. Der Preis geht dafür völlig in Ordnung


Irene Salzmann, Kranzberg


PHANTASTISCH! 35
68 Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1616-8437.
Auflage: 1.200 Exemplare, 5,75 EUR, 4er-Abonnement 19,80 EUR.
Kontakt: Verlag Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitzacker.
Internet: www.phantastisch.net.


Ein neuer Name tauchte dieses Jahr in der phantastischen Szene auf. Dabei ist die Autorin, schon lange im literarischen Geschäft. Doch mit CORPUS DELICTI wagt sich Juli Zeh das erste Mal an einen Roman mit phantastisch-dystopischen Inhalt. Grund genug auch für die aufmerksamen PHANTASTISCH!-Macher dieser ungewöhnlichen und kreativen Autorin einen Schwerpunkt zu widmen. Leider, leider stand die Autorin aus Zeitgründen nicht für ein Interview zur Verfügung. Nicole Rensmann bemüht sich daher redlich, die Autorin und ihr Werk vorzustellen und zieht dabei eine Reihe von anderen Interviews und Artikel über die Autorin zu Rate, so dass der Beitrag fast wie ein Interview wirkt. Zwei Besprechungen – mal kritischer von Nicole Rensmann selbst, mal euphorischer von Horst Illmer – sowie eine Autorinnenvorstellung runden diesen Schwerpunkt ab.
Zum Glück – und alles andere wäre kaum vorstellbar – müssen wir nicht ganz auf die Interviews verzichten. Mit Bernd Rümmelein hat Nicole Rensmann immerhin den Gewinner des Wolfgang Hohlbein-Preises vors virtuelle Mikrophon bekommen. Sein sechsbändiger Fantasy-Zyklus wird demnächst bei Ueberreuther erscheinen und Rümmelein gibt freiwillig und manchmal recht weitschweifig Auskunft über sein bisheriges Leben, sein literarisches Schaffen und seinen Weg zum preisgekrönten Autor. Man merkt, dass dieser Mensch gerne viel redet/schreibt.
Carsten Kuhr sprach mit Matthew Reilly und ich habe gemerkt, dass dessen Romane nicht so schnell auf meine Leseliste landen werden. Interessanter klingen da schon die Äußerungen von Claudia Kern in dem Interview mit Susanne Picard, die insgesamt sehr sympathisch und bodenständig daherkommt.
Sehr gefallen hat mir an dieser Ausgabe, dass es den Machern gelungen ist, im Rezensionspart mehrere Bücher der interviewten Autoren vorzustellen. Das ergibt insgesamt eine runde Sache und mal wieder eine Reihe brauchbarer Lesetips.
Coverabbildung PHANTASTISCH! 35Mit dem dritten Teil seines Mammutartikels "Wie viel Science verträgt die Fiction?" rundet Olaf Kemmler seinen Versuch ab, das Zusammenwirken von Wissenschaft und Phantastik zu ergründen. Trotz der schon beachtlichen Gesamtlänge ermöglicht es die Fülle der Quellen nicht, auf alle Fragen wirklich erschöpfend einzugehen. Sehr ausführlich behandelt er die Frage nach der Verschmelzung von Gehirn und Computer und enttäuscht alle Leser, die sich das so einfach vorstellen. Da hätte ich mir allerdings gewünscht, dass auch neuere Romane, wie die von Charles Stross, berücksichtigt worden wären. Auch eine weitere Schwierigkeit umschifft der Autor nur knapp. Bei naturwissenschaftlichen oder technischen Spekulationen sind Science und Fiction relativ leicht voneinander zu trennen. Bei gesellschaftspolitischen oder soziologischen Fragestellungen, alternativen oder dystopischen Geschichtsentwürfen lässt sich der spekulative Gehalt natürlich auch ermitteln. Nur ist es manchmal ungleich schwieriger und weniger abgrenzbar. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn Olaf Kemmler sich überwiegend auf naturwissenschaftliche Fragestellungen beschränkt.
Christian Hoffmann stellt in einem übersichtlichen und lesenswerten Artikel Thomas Pynchon, seine Welt und seine Werke vor. Achim Schnurrer hat sich mit Jean Paul einen weiteren Klassiker vorgenommen und Christian Endres einen traurigen Nachruf auf J. G. Ballard verfasst. Insgesamt bietet der sehr ausladende sekundärliterarische Part wieder jede Menge sachlich fundierter Informationen und Anregungen für die zukünftige Lektüre.
Die beiden Stories fallen dahinter meist etwas zurück. Diesmal findet sich mit "Die Geschichte vom Ogel" allerdings eine sehr originelle, absurde Tierphantasie von Frank G. Gerigk. Und Heidrun Jänchen steuert mit "Im dreizehnten Stock" ein schönes Verwirrspiel bei, das sich zum Schluss leider doch als das herausstellt, was der Leser die ganze Zeit vermutet, als bloße Traumphantasie.
Insgesamt wieder ein sehr rundes und informatives Heft.


Holger Marks, Marburg


FUTURE MAGIC 64

90 Seiten DIN A 4, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 18,00 EUR.
Kontakt: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Internet: members.chello.at/sfc_stardragons.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, IBAN AT556000000077510891, BIC OPSKATWW lautend auf Andreas Leder.


Das Cover der Ausgabe ziert zwar ein Drache, doch FUTURE MAGIC 64 beschäftigt sich mit einem anderen Volk der Fantasy: den Zwergen. Andreas Leder und Eva Kalvoda geben einen Einblick in den mythologischen Ursprung der Zwerge. Fred H. Schütz beschäftigt sich dagegen mit kleinwüchsigen Menschen, reißt ihre biologischen Ursprünge und ihrer soziale Situation (in der Vergangenheit) an.
Eva Kalvoda gibt den Inhalt der Zwergen Romane von Markus Heitz wieder (DIE ZWERGE, DER KRIEG DER ZWERGE usw. usf.) Sie gesteht, dass sie die Romane nicht gelesen hat, gelangt aufgrund des Inhalts der Romane zum Schluss, das der erste Band nur aus kommerziellen Gründen fortgesetzt wurde. Das ist sicherlich nicht unzutreffend, aber "rezensieren", wie der Beitrag überschrieben ist, ist etwas anderes. Die Besprechung von Stefan Bellack über ZWERGENFLUCH des Autors Frank Rehfeld weist zwar auch eine umfangreiche Inhaltsangabe auf, aber ebenso eine Wertung in demselben Ausmaß.
Coverabbildung FUTURE MAGIC 64Eine Quest schildert Susanne Stahr in "Zwergenmagie". Zwei Menschen, ein Elf und – natürlich – ein Zwerg brechen auf, um eine Burg zurückzugewinnen. Die Story ist konventionell, aber routiniert erzählt. Jenseits von bekannten Handlungsmustern bewegt sich Eva Kalvoda in der Kurzgeschichte"Von Sturen Geistern und versteckten Priestern", in der eine Hexe einem Zwergengott behilflich ist. Der Plot ist amüsant.
Susanne Stahr beginnt mit "Der Fluch der Eulen" eine neue Fortsetzungsgeschichte, in der zunächst nur die Protagonisten vorgestellt werden: eine Schwertkämpferin, ein Gelehrter und ein junger Dieb und Übersetzer. Was als Handlungsrahmen anmutet, der sich in den Konventionen des Genres bewegt. Fred H. Schütz präsentiert den fünften Teil seiner Longstory "St. Martin Du Bois".
FUTURE MAGIC enthält neben zahlreichen Infoschnipseln (Wissenschaft, Literatur u. a.) umfangreiche Filmrezensionen von Fred. H. Schütz, aber auch von Andreas Leder. Diesen Beiträgen ist gemein, dass sie vornehmlich die Eindrücke der Autoren relativ ungeordnet wiedergeben. Auch hier erscheint die Charakterisierung "Rezensionen" als zu hoch gegriffen.
Für Clubfanzines ist eine gewisse Vielfalt in der Art und in der Qualität der Beiträge nicht ungewöhnlich. Der SFC STARDRAGONS zeigt sich in seinem Heft jedesmal sehr engagiert. Diese FUTURE MAGIC-Ausgabe ist zwar etwas enttäuschend, ich bin aber optimistisch, dass es in den nächsten Ausgaben wieder aufwärts gehen wird.


Armin Möhle, Wallenhorst


EDITION HEIKAMP 23: SCHMETTERLINGE WOLLEN FLIEGEN
32 Seiten DIN A 6, Mittelheftung, ISBN 978-3-937440-41-5.
Auflage: 100 Exemplare, 3,20 EUR.
Kontakt: Crago-Verlag, Michael Schneider-Braune, Postfach 1248, 97990 Weikersheim.
Internet: www.edition.heikamp.net.


Sandra Conze, die unter dem Namen Sandra Henke schreibt, veröffentlichte bereits mehrere Bücher bei Verlagen wie Ueberreuther, Bastei und Mira. Der Crago-Verlag präsentiert in SCHMETTERLINGE WOLLEN FLIEGEN eine Sammlung Kurz-Krimis, in denen Kommissar Lassig ermittelt und durch Indizien oder auch Dank des glücklichen Zufalls den Täter überführt.
Neun Stories, die zwischen zwei und fünf Seiten lang sind, schildern überwiegend Geschehnisse, denen ein längerer Ärger vorausging, der sich schließlich in einer Affekthandlung entlädt. In keinem Fall zeigt der Täter Reue; vielmehr reagiert er erleichtert und bemüht sich, alle verräterischen Spuren zu beseitigen. Er fühlt sich sicher, doch dann stellt sich heraus, dass er etwas übersehen hat.
"Gefährliche Rivalität" herrscht zwischen zwei Kollegen, nach denen einer von ihnen durch sein gepflegtes Aussehen die Karriereleiter schneller nach oben fiel als der andere – und genau dieses Attribut bringt den Mörder auch noch zu Fall. In "Platinblond" und "Unsichtbare Spuren" überführt der Kommissar durch ein ähnliches Indiz den Täter.
Die Titelstory erzählt von einem jungen Mann, der sich nicht länger von seinem Vater schikanieren lassen will, aber bei der Beseitigung der Spuren etwas vergisst. Auch "Kalter Kaffee" führt zur Entdeckung von verborgenen Beweisen.
"Die Rache der Katzen" trifft den Hausverwalter, der eine Mieterin tötet, weil er sich durch die Tiere und ihre allgegenwärtigen Hinterlassenschaften gestört fühlte. Und auch in "Gemacht für die Ewigkeit" bringt eine Katze das Verbrechen auf entsprechende Weise ans Licht.
"Ein Hotel in Nöten" macht einen ganz besonderen Trick erforderlich.
Man sollte auch als Räuber nicht an der falschen Stelle sparen: "Femme Fatale" ist der Name teurer Nylon-Strümpfe. Der Geizhals, der sich für ein Billigprodukt entscheidet, bekommt später die Quittung.
Manchmal – aber nicht immer – nimmt der Titel die Pointe vorweg, und einige der Geschichten warten mit vergleichbaren Lösungen auf. Hier hätten ein bisschen mehr Geheimniskrämerei und Abwechslung gut getan. Dennoch sind die Stories in der Tradition des Kurzkrimis, wie man ihn aus der Tageszeitung oder Illustrierten kennt, unterhaltsam zu lesen und werden zweifellos ihr Publikum in den Kreisen finden, die es kurz und präzise inklusive einer Portion Lokalkolorit mögen. 


Irene Salzmann, Kranzberg


Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de.

Preise der Printausgabe: Einzelexemplar 0,60 EUR, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 3,00 EUR (in Briefmarken oder per Überweisung [Bankverbindung bitte erfragen]). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im Fanzinetausch zu beziehen. Auslandspreise auf Anfrage.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Günther Freunek, Thomas Harbach, Clemens Nissen s. ps., Holger Marks, Irene Salzmann, Christel Scheja.
Auflage der Printausgabe: 30 Exemplare.

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!
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