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Werte Leserinnen und Leser,

der übliche Vergleich, den ich in der letzten FANZINE-KURIER-Ausgabe eines Jahres regelmäßig biete, hat diesmal nur relativen Charakter. In diesem Jahr sind lediglich fünf anstelle von sechs FK-Ausgaben erschienen. Ich kann nicht mehr nachvollziehen, aus welchen Gründen der FK 82 (März 98) erst nach drei Monaten nach dem FK 81 das Licht des Fandoms erblickte, denn üblich ist ein etwa zweimonatlicher Rhythmus. Die einmonatige Verspätung dieser Ausgabe resultiert aus der Umstellung auf einen neuen PC. Jedenfalls stehen Besprechungen über 71 Zines in 64 Rezensionen in 97 in diesem Jahr 59 Besprechungen über 65 Fanzines gegenüber. Die Auflage blieb zunächst stabil bei 60 Exemplaren pro Ausgabe, schoß mit dem FK 85 auf 150 Exemplar empor, da diese im PRBCBS als Leseprobe verteilt wurde, und hat nunmehr 90 Exemplare erreicht. Der FANZINE-KURIER hat im PRBCBS mehr Zuspruch erhalten als ich erwartet hatte, und so beginnt der Vertrieb des FK im Club mit dieser Ausgabe.
Im FK 87 werden Besprechungen über STORY CENTER 1/98, EXTRAVENÖS 12/FICTION & FANTASY 14/QUSAR 18: BILDER EINER AUSSTELLUNG, SOL 12, SOLAR-X 106 u .a. erscheinen.

Viele Grüße
Armin Möhle



LUSTOBJEKTE
FUNZINE 2/FUNZINE 3
ENPUNKT 31
ALIEN CONTACT 32
SOLAR-X 103: RED EDITION 2/SOLAR-X 104
BÄRZIN 9
SOL 11
DER KELTISCH-HEIDNISCHE KALENDER
THE FANDHOME PULP 4
TIME SCOOP 7/TIME SCOOP 8
NEW WORLDS 30
2. TAG DER PHANTASIE
SOLAR-X 105



LUSTOBJEKTE
60 Seiten DIN A 4, Offset, Klebebindung.
Auflage: 500 Exemplare, 2,50 DM.
Bezug: Thorsten Grewe, Prinz-Friedrich-Karlstr. 24a, 44135 Dortmund.

Bei dem vorliegenden in Gießener Druckqualität herausgegebenen Heft handelt es sich im Grunde um einen Bildband und einen Ausstellungskatalog. Zugrunde liegt der Publikation ein Kunst-Projekt namens "Lustobjekte. Was uns anregt, erregt, aufregt - Zeitgenössische Künstler interpretieren Erotik", das in Dortmund dem Publikum präsentiert wurde. Die fannische Beteiligung ist groß, und so präsentiert Herausgeber Thorsten Grewe auf 60 Seiten viel grafisches Material von uns bekannten Künstlerinnen und Künstlern wie Gregor Beckmann, Irene Salzmann, Christel Scheja, Al Kelsner, Bernhard Kletzenbauer und Ludger Otten sowie uns weniger bekannten Gestalten wie Alain Meerschaert (ein "religiöser Pornograph") oder Fakir Saibot Aslan, der uns "körperbetonte schamanistische Initiationsrituale" anbietet.
Die bunte Mischung soll nicht nur "erotisch" sein, sondern auch eine "Interpretation" von Erotik. Und da hakt es natürlich nicht nur an einer mangelnden gemeinsamen Definition - Pornographie und Erotik sind beispielsweise zwei verschiedene Paar Schuhe -, sondern auch an einer gelungenen Auswahl des Herausgebers. Während auf der einen Seite zum Thema passende Zeichnungen z. B. von Al Kelsner oder dem Herausgeber selbst auftauchen, sind Bernhard Kletzenbauers Bilder eher ungelenk und wirken unfreiwillig komisch - er sollte vielleicht bei Cartoons für die PR-Witzrakete bleiben... Auch Zeichnungen von Irene Salzmann und Christel Scheja bilden in ihrer relativen Betulichkeit einen starken Kontrast zu S/M-Grafiken des "religiösen Pornographen" oder den eher schlampig wirkenden Zeichnungen von Ludger Otten. Während die Cartoons von Ari Pilkat zumindest noch amüsant sind, kann man sich über "schamanistische Initiationsrituale" nur noch wundern. All das hat Thorsten Grewe - übrigens mit freundlicher Unterstützung des nordrhein-westfälischen Kultusministeriums - in schlechtem Druck und schlampigem Layout als "Ausstellungskatalog" zusammengefaßt. Dieser dürfte den prospektiven Besucher wohl eher abgeschreckt haben, immerhin war er aber auch nicht teuer.
Der Band wirkt, wie dann wohl auch das Projekt gewirkt haben muß, nämlich reichlich konzeptionslos, durcheinander gewürfelt und chaotisch. Das mag ja eine kreative Ader beflügeln, für den außenstehenden Beobachter vermag dies höchstens Stirnrunzeln hervorrufen. Sollten dafür tatsächlich Steuergelder geflossen sein, dürfte dies ein Fall für den Bund der Steuerzahler sein. Fazit: Überflüssig wie ein Kropf.

Dirk van den Boom, Münster



FUNZINE 2
76 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 50 Exemplare, 7,00 DM, 4er-Abonnement 25,00 DM.
FUNZINE 3
76 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 50 Exemplare, 7,00 DM, 4er-Abonnement 25,00 DM.
Bezug: Sigrid Juckel, Ziehtenstr. 28, 45149 Oberhausen

Gleich zwei neue Ausgaben des FUNZINES sind im August erschienen. War die erste Ausgabe dieses jungen Zines noch sehr conlastig und diente dem Abbau alter Materialberge, präsentieren sich nun zwei Storyzines, die Geschichten, die sich vor allem im ST- und SW-Milieu bewegen oder Anleihen von den japanischen Anime beziehen, Lyriken, Artikel und Grafiken bieten.
Unter den Mitwirkenden finden sich im Fandom bekannte Namen wie Curtis Nike, die vor allem für die TV-Serie DS 9 und die darin erscheinenden Charaktere ein Faible hat, oder Maren Frank, die ein gutes Händchen zeigt bei der Darstellung von Filmfiguren, darunter der Klingone Worf. Es sind nur wenige, dafür um so fleißigere Autoren und Zeichner in beiden Heften vertreten.
Was über die gängigen Helden geschrieben und gezeichnet wird, muß nicht unbedingt zur Serienhandlung passen; vielmehr sind es Szenen, wie sie ablaufen könnten, wie sie von den Fans gewünscht, jedoch in den Filmen nie realisiert werden. Die Schilderungen sind amüsant, skurril, deftig - und nicht ernst zu nehmen, sondern aus reinem Spaß erdacht.
Für Leser, die an den Media-Reihen weniger interessiert sind, mag das FUNZINE zunächst langweilig erscheinen, aber es wäre falsch, sich strikt gegen alles "andere" zu verschließen. Ferner liegt es an den Konsumenten, für Vielfalt zu sorgen, indem sie selber ihre Ideen an die Redaktion senden. Die Herausgeber sind offen für Beiträge aller Art! Tatsächlich wundern sie sich, daß einerseits so viele Autoren und Zeichner klagen, daß es immer weniger Zines gibt, die Material suchen; doch wer sein Heft füllen möchte, tut sich schwer, weil plötzlich keiner Zeit auch noch für dieses Projekt hat, ihm nichts dazu einfällt, oder es wird gar nicht erst auf den Flyer/die Anfrage reagiert. Da kann doch etwas nicht stimmen ... ?!
Für 7,00 DM kann man ruhig mal ins FUNZINE reinschnuppern und Beiträge hinschicken. Es wäre doch schade, wenn schon wieder ein Storyzine eingestellt wird, bloß weil die Resonanz ausbleibt.

Irene Salzmann, Kranzberg



ENPUNKT 31
64 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 700 Exemplare, 3,50 DM, 4er-Abonnement 12,00 DM.
Bezug: Klaus N. Frick, Leopoldstr. 29, 76133 Karlsruhe.
Bankverbindung: Kreissparkasse Freudenstadt (BLZ 642 510 60), Konto 187 954.

Über Art und Charakter des ENPUNKTS wurde im FK schon ausführlich geschrieben (zuletzt in FK 83), so daß es müßig und langweilig wäre, dies alles noch einmal zu wiederholen. Die Widersprüchlichkeiten und ärgerlichen, zum Teil aber auch berechtigten Provokationen, mit denen Klaus die Leser so gerne reizt, finden sich auch in dieser Ausgabe. Aber das macht das Lesen natürlich erst interessant. Letztlich möchte man doch wissen, welche Gemeinheiten gegen Studierende, Intellektuelle oder andere liebenswerte Zeitgenossen sich Klaus diesmal wieder ausgedacht hat.
Für den Liebhaber phantastischer Literatur findet sich bestenfalls ein interessanter Beitrag. Freunde gepflegter Punkmusik und Afrikareisende kommen dagegen voll auf ihre Kosten. Aber erst zu dem in Ansätzen einzigen Beitrag mit phantastischem Einschlag. Klaus veröffentlicht in dieser Ausgabe ein literarischen Frühwerk, das er bislang der Öffentlichkeit vorenthalten hat. "Das alte Spukschloß" ist eine kleine Horrorgeschichte, die er im Rahmen eines Wettbewerbs in der sechsten Schulklasse schrieb. Sicherlich kein literarisches Meisterwerk, aber durchaus eins, das "Kult" werden könnte, weshalb Klaus das auch gleich ganz groß drüber schreibt... Ob er sich mit der Veröffentlichung allerdings einen Gefallen getan hat, muß bezweifelt werden. Gibt er doch den von ihm so geliebten Studenten freiwillig Material in die Hand, das sie dazu verwenden können um in langweiligen literaturwissenschaftlichen Seminaren sein Lebenswerk nach literaturtheoretischen Gesichtspunkten sezieren zu können...
Für den Fan ohne Scheuklappe sind die Reise- und Konzertberichte die interessanteren Beiträge des Heftes. Klausens Abenteuer in Afrika sind mittlerweile legendär. Diesmal schildert er, wie es ihm Anfang des Jahres in Tansania erging und er Ende der achtziger Jahre mal einen Weihnachtsabend in der Wüste verbrachte.
Bei den Konzertberichten, genauso wie die unzähligen Plattenvorstellungen, die über das ganze Heft verstreut sind, geht es meist um Bands, von denen ich weder Namen noch ihre Musik kenne. Außerdem geht es um den Konsum von jede Menge Bier. Interessanter als die Musik, sind sowieso Klaus Erlebnisse um die Konzerte herum. Da spielt es auch keine Rolle, ob sich die Geschichten wirklich alle so zugetragen haben oder ob der Autor, wie eine Leserin kritisch anmerkte, die Geschichten absichtlich verfälscht. Klaus hat es gar nicht nötig, das zu leugnen, sondern gibt freimütig zu, daß viele seiner Geschichten nur von der schamlosen Übertreibung leben - wie jede gute Geschichte eben.
Ein schnelles Fazit: wieder einmal ein gut gelungene Ausgabe mit der bekannten Mischung und reichlich Ecken, um sich dran zu stoßen (wer das haben muß). Und eine letzte Besonderheit muß erwähnt werden: ENPUNKT ist das einzige Fanzine vor dessen Nebenwirkungen ein Arzt oder Apotheker vermutlich warnen würde. ENPUNKT steigert den Durst, den Bierdurst!

Holger Marks, Marburg



ALIEN CONTACT 32
60 Seiten E 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 7,00 DM, 4er-Abonnement 28,00 DM.
Bezug: Edition AVALON, Graudenzer Str. 1a, 10243 Berlin.
Bankverbindung: Bank 24 (BLZ 380 707 24), Konto 141104000, lautend auf Dirk Kurth.

In ALIEN CONTACT 32 versucht Albrecht Fritzsche eine andere Definition der Science Fiction als eine literaturtheoretische zu geben: Science Fiction als "Fanliteratur?". Er verweist auf gewisse Parallelen in der Persönlichkeitsentwicklung von jugendlichen Lesern und in der Themenwahl des Genres, die bestimmte Bedürfnisse der pubertierenden Konsumenten befriedigen würde.
Es sind interessante und zutreffende Gedankengänge, die er anstellt, die jedoch einige Einwände nicht außer Kraft setzen: Was existierte zuerst? Die Science Fiction oder ihre Leser? Zwar mag es richtig sein, daß das Interesse an der SF bereits in der Adoleszenz erwacht, der Einstieg in das Fandom und damit der Beginn der Fanaktivitäten erfolgt, wie in den letzten Jahren im bundesdeutschen Fandom zu beobachten war, jedoch in einem höheren Lebensalter. Der Autor stützt seine Überlegungen auf Daten, die auf dem FreiCon 95 erfragt wurden. Wahrscheinlich waren es die dienstälteren Fandomler, die dort angegeben haben, daß sie mit der Lektüre von SF und mit fannischen Aktivitäten im Alter zwischen 12 und 15 Jahren begonnen haben. Außerdem sind die aktiven Fans - auch wenn sie die einzigen sind, die ihre Lektüre reflektieren und deshalb für die Verlage besonders interessant sein müßten - nur der kleinste Teil der SF-Leserschaft.
Albrecht Fritzsche behandelt in seinem Artikel letztendlich nur einen Teilaspekt der Beziehung zwischen der SF und ihrer Leserschaft, der den Leser aber zur Stellungnahme herausfordert.
Christian Hoffmann stellt in seinen Artikel "Abenteuer in der Welt der Geister" den nigerianischen Phantastik-Autor Amos Tutuola vor, von dem im deutschen Sprachraum zwei Romane erschienen sind. Der Beitrag bietet einen interessanten Einblick in eine (phantastische) Literatur, die sich deutlich von der gewohnten europäischen und angloamerikanischen unterscheidet. Mit konventionellerem Lesestoff beschäftigt sich die Sparte "SF aus Deutschland", in der auch Fanzines und Produktionen aus Kleinverlagen erwähnt werden. Die sehr positive Besprechung des Bandes PETER DREHT DURCH ODER WAS WÄRE WENN...? von Horst Müller, der in der EDITION AVALON erschienen ist, läßt allerdings eine Gefälligkeitsrezension vermuten.
"Du bist nicht allein" ist zum einen Titel der Story von Gabi Neumayer, zum anderen die Gewißheit ihrer Protagonisten, die allein einen Langstreckenraumflug unternimmt. Ihren virtuellen Begleitern wird sie jedoch überdrüssig. Die Pointe ist zwar nicht unerwartet, vielmehr fällt jedoch auf, daß die Technik, die die Autorin beschreibt, sehr antiquiert ist. Die virtuellen Begleiter ihrer Protagonisten erscheinen auf Bildschirmen, ihre Bedürfnisse sind durch Tastendruck zu befriedigen und sind nicht etwa wirkungsvollere Holographien...
In "Greedy: Der Duft der Orangen" von Bernhard Kempen nimmt die Pilotin eines Raumfrachters neben einer Ladung Orangen auch ein Kayloner-Pärchen an Bord - eine brisante Kombination, da der Geruch der Früchte auf Kayloner sexuell erregend wirkt. Die Kurzgeschichte ist amüsant und harmlos, der Autor beschreibt zwar Sex zwischen Außerirdischen, der sich menschlichen Praktiken jedoch nicht unterscheidet. "Astrosapiens" von Michael Marrak beginnt mit einem stilistischen und Ideen-Feuerwerk, fällt danach jedoch etwas ab, um in dem klassischen Thema der Realitätssuche durch den Protagonisten zu münden. Von der Umsetzung her ist "Astrosapiens" jedoch die beste und ausgereifteste Kurzgeschichte in der vorliegenden Ausgabe (und auch in dem Buch DIE STILLE NACH DEM TON nachzulesen, das ausschließlich Stories von Michael Marrak enthält und ebenfalls von der EDITION AVALON herausgegeben wurde).
Von Details abgesehen ist ALIEN CONTACT 32 eine zufriedenstellende Ausgabe, in der die Artikel etwas interessanter als die Mehrzahl der Stories sind.

Armin Möhle, Wallenhorst



SOLAR-X 103: RED EDITION 2
56 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 95 Exemplare, 4,00 DM, 12er-Abonnement 45,00 DM.
SOLAR-X 104
48 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 95 Exemplare, 4,00 DM, 12er-Abonnement 45,00 DM.
Bezug: ANDROMEDA SF-CLUB HALLE, Wilko Müller jr., Volhardstr. 20, 06112 Halle/S.
Bankverbindung: Bayerische Vereinsbank (BLZ 800 200 86), Konto 7800444.

Das Grauen, insbesondere jenes, das von Vampiren verursacht wird, fasziniert - das belegen zahlreiche Fanpublikationen zu diesem Thema wie BEYOND, HALLOWEEN, TALES OF BLOOD AND LOVE, das vorliegende "Night Café" und andere Sonderbände von Clubs und aus diversen Fanzinereihen.
Wilko Müller jr. begründet in seiner Einleitung dieses Interesse an Blutsauger & Co. mit der Vielschichtigkeit des Stoffes, der gute wie auch böse Kreaturen der Finsternis zuläßt, die sich praktisch in allen Genre oder Zeitaltern tummeln, die uns erotisch, unheimlich, fremd und zugleich vertraut wie unsere eigene dunkle Seite erscheinen.
Die Anthologie beinhaltet zu den Stories passende Illustrationen, Lyriken und Geschichten von unterschiedlicher Länge.
Gleich die erste Erzählung - die Titelstory "Nachtcafé" von Peter Schünemann - ist mit 26 Seiten die längste. Anja wird von zwei Kerlen vergewaltigt und ermordet. Ihre Freundin Katrin sinnt auf Rache und findet die Mittel in einem abgelegenen Bergdorf.
Peter mischt unterschiedliche, jedoch bekannte Elemente, um die Geschehnisse zu begründen und Bezüge zwischen klassischen und modernen Elementen herzustellen. So erzählt Katrin aus ihrer Perspektive im Nachtcafé die Geschichte einem geduldigen Zuhörer/Leser. Der brutale Mord ist der Auslöser für die Folgehandlung und legitimiert Katrins Flucht aus dem "normalen Leben". Ihr Weg führt in die abgelegenen Berge, wo die Moderne noch nicht Fuß gefaßt hat und vielleicht manches Geheimnis unentdeckt schlummert - man fühlt sich an die ersten Szenen der gängigen DRACULA-Filme erinnert, wenn van Helsing, Roman Polanski oder wer auch immer mit der Vampirjagd beginnt. Dann geht es noch weiter zurück in die Vergangenheit, zu Natur- und Mutterkulten, die mit dem Vampirmythos gepaart werden.
Was ich hierbei vermisse, sind neue, eigene Ideen, statt das Vermischen dieser konventionellen Motive, die alle schon mehrfach in anderen Erzählungen abgehandelt wurden. Es kommt leider auch keine Stimmung auf, die den Leser mitreißt. Weshalb die Protagonistin eine Lesbierin ist, ob dadurch ein gewisser underground-Sex hineingebracht werden soll, ist mir nicht klar geworden, denn mit heterosexuellen Figuren beiderlei Geschlechts hätte die Handlung genauso ablaufen können. Das Ende bietet auch nicht unbedingt eine Überraschung. Insgesamt wirkt die Geschichte etwas undurchdacht, holprig und hätte an mehreren Stellen eine glättende Bearbeitung vertragen.
"Primo Nosferatu" von Mekare und "Rosalia" von Antoinette befassen sich ebenfalls mit gleichgeschlechtlichen Verbindungen und haben ihre Kürze gemeinsam. In Konsequenz gibt es keine gruseligen Erzählungen, sondern mehr Konglomerate aus blutigen Gefühlen.
Antoinette ist mit einer weiteren Geschichte vertreten: "Ruhe in Frieden, meine Liebe". Sie erinnert an die Rückblenden, die NICK KNIGHT im Laufe einer Filmhandlung regelmäßig durchlebt. In Frankreich vor zwei-, dreihundert Jahren stirbt Antoinettes zweiter Mann an TB. Unerwartet taucht ihr erster Verblichener wieder auf ... Es kommt, was kommen muß - keine Überraschung.
"Vampirjäger" von Angel greift gleichfalls ein bekanntes Motiv auf. Der Jäger wird zum Opfer. Viele Worte, wenig Handlung.
Sandra Koschinski bedient sich in "Glauben" historischen Quellen, dem Mithras-Kult der römischen Soldaten und den Legenden der blutsaugenden Lamias, die sie geschickt zu einem Horror-Fantasy vermischt. Von der Stimmung her die schönste Geschichte des Heftes, die zeigt, das klassische Themen oder Vorbilder nicht hinter den modernen Adaptionen zurückstehen müssen.
Es fällt auf, daß viele Autoren Pseudonyme verwenden und wie Rollenspieler ihre fiktive Persönlichkeit in den Mittelpunkt der Geschichte stellen. Ob es sich dabei tatsächlich um Spiel-Charaktere handelt, ist mir nicht bekannt.
"Night Café" ist ein Band netter, durchschnittlicher Stories, die allen Vampiren zwar nichts Ungewöhnliches, aber doch ein paar gruselige Lesestunden bescheren.
Der Vierteiler LEXX - THE DARK ZONE inspirierte Gregor Beckmann zu seiner Coverzeichnung von SX 104, was wiederum Wilko Müller jr. zum entsprechenden Willkommensgruß in seinem Vorwort veranlaßt, wenngleich er sofort betont, daß die Ausgabe nicht dieser viel kritisierten TV-Reihe gewidmet ist.
Der Inhalt besteht aus der üblichen informativen Mischung: Rezensionen, Filmkritiken (rororo bietet das TB zum AKTE X-Film an, für alle, die nicht im Kino waren oder denen der Besuch noch nicht genügte. Ferner läßt sich in jedem gutsortierten Comic-Shop THE OFFICIAL MOVIE ADAPTATION, ein dünnes Paperback vom Verlag Topps auftreiben, das wenig Bild, dafür viel Geschichte offeriert.), sehr wenigen Bildern, die das textlastige Zine auflockern könnten, und Stories.
Silke Rosenbüchler schildert in "John ist tot" die Tragik des Teenagers Robert, der nur geboren wurde, um die Erinnerung eines vermögenden alten Mannes in sich aufzunehmen, damit dieser in einem jungen Körper weiterleben kann. Natürlich funktioniert das nicht wie geplant, so daß sich Robert prompt gegen die implantierten Erinnerungen Johns wehrt. Aber kann man diese ungewollten Erinnerungen löschen? Welche weiteren Konsequenzen bringt das für Robert? Leider beschränkt sich die Autorin darauf, die persönlichen Konsequenzen des Arztes zu beschreiben, statt auch die ethischen Probleme anzusprechen.
In "Richard und der Ausgang" von Frank Roger wird ein Rentner während seines Spaziergangs mit den Tücken der modernen Technik konfrontiert: Da er an einer Erkältung leidet, erkennt der elektronische Pförtner an der Tür die Stimme nicht. Den vierstelligen Zahlen-Code der ID-Karte hat Richard vergessen. Wegen einer Verletzung am Daumen funktioniert auch die Erkennung mittels Fingerabdruck nicht. Daß man verlegen am Geldautomaten steht, weil einem plötzlich die Nummer der Karte nicht mehr einfällt, ist bestimmt schon manchem passiert. Die anderen genannten Zugangssicherungen befinden sich noch in Erprobung und kranken an genau diesen Schwachpunkten. Aber in Franks Story geht es weniger um diese technischen Mängel und ihre Folgen für den einzelnen, die lediglich Symptome einer Gesellschaft sind, die zunehmend technischer, unpersönlicher, sogar menschenfeindlich wird - und das gezielt. Am Rand der Gesellschaft stehen die Ausgegrenzten, die Kranken, die Alten, die keinen Nutzen für das System haben. Statt sie zu versorgen, insbesondere in sogenannten schlechten Zeiten, möchte das System sie wie Ballast abwerfen. Eine düstere Vision, die angesichts des fortschreitenden Abbaus des sozialen Netzes (Rente, Gesundheit, Arbeitslosenhilfe, Familien- und Ausbildungsförderung etc.) langsam real wird.
Jochen überfährt aus Unachtsamkeit in Stoks "Nur ein Hase" besagtes Langohr. Noch während er nach dem verletzten Tier Ausschau hält, bemerkt er die Annäherung eines UFOs. Der Traum jedes SF-Fans wird für ihn wahr. Er versucht, Kontakt zu den Aliens aufzunehmen - aber... Die Story ist simpel gestrickt, befaßt sich mit einem altbekannten Thema, dessen Finale nicht überraschen kann.
Diese SOLAR-X-Ausgabe mit geringem Story-Anteil lebt hauptsächlich von Franks Erzählung und den Rezensionen. Man darf sie durchaus bei den durchschnittlichen Heften einordnen.

Irene Salzmann, Kranzberg



BÄRZIN 9
48 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 3,00 DM, 6er-Abonnement 27,00 DM.
Bezug: Heinz-Jürgen Ehrig, Artemisstr. 40, 13469 Berlin.
Bankverbindung: Postbank Berlin (BLZ 100 100 10), Konto 63 22-104.

Ursprünglich war das BÄRZIN als kleines, kostenloses (d. h. über Spenden und Mitgliedsbeiträge des SCIENCE FICTION CLUBS BERLIN finanziertes) Informationsblatt für die Berliner SF-Fans angelegt, aber mit steigendem Interesse der Leserschaft wurde daraus ein sehr ansehnliches und umfängliches Fanzine mit breitem Themenspektrum. Das Farbcover von BÄRZIN 9 ziert ein "antikes" Titelbild aus der Vorkriegsserie DER RAUMPIRAT. Heinz-Jürgen Ehrig kann ja aus seiner großen Sammlung schöpfen, die zahlreiche Raritäten enthält.
Auch in seinem sekundärliterarischen Hauptbeitrag bleibt der Herausgeber Berlin treu. Seit dem 18. September findet in der "Kulturbrauerei" eine Ausstellung zur Geschichte der Zeitschrift DAS MAGAZIN statt, die bereits 1924 gegründet und in der DDR besonders wegen der Aktfotos unter dem Ladentisch gehandelt wurde. Wer aber das Heft aufmerksam las (wenn er es denn erwischte!), fand darin auch so manche SF-Story, laut Hans-Peter Neumanns BIBLIOGRAPHIE DER DDR-SCIENCE FICTION vom Heft 4/61 bis 7/90 insgesamt 26. Aber schon im "Ur-Magazin" gab es manches Phantastische.
All das serviert Heinz-Jürgen Ehrig nicht etwa trocken und als Bleiwüste, sondern fast schon als Teil-Reprint, mit Titelbildern und ganzen abgebildeten Seiten.
Die andere Hälfte des Heftes widmet sich dann ganz den Berliner Terminen und Clubs, nicht nur den bekannten wie SFCB und ANDYMON, sondern auch dem SFC UNIVERSUM (PERRY RHODAN), STAR TREK-Dinner, D.O.N.A.L.D., Space Dinner (BABYLON 5), X-Fanclubs und BORUTHIA (DARKOVER). Wer sich über Börsen, Veranstaltungen und Ausstellungen in Berlin und Umland kundig machen will, ist mit dem BÄRZIN gut beraten.

Siegfried Breuer, Berlin



SOL 11
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 2.400 Exemplare, 6,00 DM, 4er-Abonnement 30,00 DM.
Bezug: PERRY RHODAN FANZENTRALE e. V., Klaus Bollhöfener, Postfach 2352, 76413 Rastatt.
Bankverbindung: Degussa Bank Frankfurt (BLZ 500 107 00), Konto 502454, lautend auf Peter Fleissner.

Die neueste Ausgabe des mittlerweile auf Hochglanz polierten Magazins der PRFZ präsentiert sich mit interessanten Themen für all jene, die in Perry das Zentrum ihres SF-Konsums sehen. Dazu gehören vor allem zwei relativ umfangreiche Conberichte vom Treffen zur Leipziger Buchmesse (von PR-Autorin Susan Schwartz) und zum Perry-Mega-Event 1998, dem Con in Garching. Beide Beiträge bewegen sich im üblichen Durchschnitt der Conberichterstattung, wobei der umfangreich bebilderte Artikel zu Garching hin und wieder allzu exzessiv der Lobhudelei verfallen ist, was angesichts der editorialen Rahmenbedingungen jedoch zu erwarten war.
Etwas mehr für's Hirn sind die Ausführungen von Robert Hector zu Willi Voltz' PR-Hintergrund (was gleichzeitig zu einer Hommage wird, die der gute Willi jedoch sicher verdient hat) und ein Blick zurück in jene Zeit, als Perry als der "Hitler des Raumzeitalters" kritisiert wurde. Im ersten Teil einer Artikelserie geht Martin Marheinecke der Frage nach, ob Perry rechtsradikal sei - und beantwortet diese Frage erstaunlich differenziert und ohne Scheuklappenmentalität. Er definiert eine Reihe von Kriterien, an denen man dieses Problem messen müsse und kommt zu einer ausgewogenen und vor allem sachlichen Beantwortung der Frage. Eine gute Argumentationshilfe für all jene Fans, die wie ich vor 15 Jahren im Deutschunterricht den verbalen Angriffen einseitig voreingenommener Deutschlehrerinnen hilflos ausgeliefert waren. Allein schon dieser Artikel lohnt die Lektüre des ganzen Magazins.
Immer noch relativ dünn ist der Blick über den Tellerrand, wenngleich man sich auf sechs Seiten "Mediascope" Mühe gibt, den Horizont des durchschnittlichen Perry-Fans etwas zu erweitern.
Optisch bietet SOL 11 eine Menge, seit neuestem sogar Farbe im Innenteil und ein manchmal etwas unruhiges, aber durchaus gefälliges Layout. Hält man sich die Tatsache vor Auge, daß SOL eine der wenigen professionell erscheinenden SF-Magazinpublikationen in Deutschland ist - spätestens seit SF-MEDIA mal wieder in die alte "Verzögerungstaktik" zurückgefallen ist -, dann bleibt zumindest ein Potential für mehr - aber nur, so dies der Pabelschen Verlagspolitik entsprechen sollte. In jedem Falle sollte man die Entwicklung dieses Magazins aufmerksam verfolgen, wer weiß, was daraus noch werden könnte...

Dirk van den Boom, Münster



DER KELTISCH-HEIDNISCHE KALENDER
8 Seiten DIN A 4, Offset, Spiraldrahtbindung.
Auflage: 300 Exemplare, 16,50 DM.
Bezug: Curtis Nike Verlag, c/o Schäfer, Postfach 610230, 10923 Berlin.

Wie schon in den vergangenen Jahren gibt es vom Curtis Nike Verlag einen hübschen Kalender - für 1999. Im DIN A 4-Format, in SW und mit Spiralbindung braucht er nicht den Vergleich mit anderen Kunstkalendern zu scheuen. Übrigens: Wer seine Kalender der schönen Motive wegen aufhebt, muß die einzelnen Seiten nicht abreißen, da sie sich praktischerweise nach hinten klappen lassen. Eine Aufhängerlösung gibt es leider immer noch nicht, und so findet mein praktischer Draht, den ich durch die mittleren Ringe fädle, erneut Anwendung.
Das bewährte Layout ist geblieben: Jede Seite wird von einer DIN A 5-Grafik geschmückt, daneben steht das Kalendarium, das neben den gängigen Monatsnamen auch die alten deutschen Bezeichnungen aufführt. Gekennzeichnet sind heidnische Feste, während Geburtstage, Weihnachten und sonstige Termine jeder selbst eintragen darf - Platz dafür ist vorhanden. Ergänzend findet man noch den Gesamtüberblick auf das ganze und das folgende Jahr.
Die Zeichnungen wurden von klassischen Motiven aus der Antike und der Märchenwelt inspiriert. Beispielsweise wird das Titelbild von einer Meerjungfrau geziert. Ferner sind ein Zentaur, ein Nixen-Paar, ein Greif, ein Phönix, die Medusa und viele andere zumeist weibliche oder Fabel-Wesen zu betrachten. Besonders schön finde ich die kurzen Erläuterungen zu den jeweiligen Motiven; vielleicht sind nicht alle dem Betrachter geläufig.
Curtis Bilder erinnern sowohl von der Motivwahl wie auch von der Ausführung her an den Jugendstil: klare Linien und Begrenzungen, phantasievolle Rahmen nach keltischem Muster, sauber gezeichnet und nicht überladen.
Neben den konventionellen Kalendern endlich eine Alternative - zum Weiterschenken, Behalten, bei Bedarf sogar zum Anmalen.
Falls der Kalender neugierig macht, was der Curtis Nike Verlag noch zu bieten hat: Ein kleines Verzeichnis der Publikationen liegt bei oder kann gegen Rückporto angefordert werden.

Irene Salzmann, Kranzberg



THE FANDHOME PULP 4
48 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 5,50 DM.
Bezug: Achim Havemann, Postfach 1107, 29456 Hitzacker.

THE FANDOM PULP ist ein Fanzine, wie es selten geworden ist, nämlich mit einem gemischten Inhalt, der sich auf keine Serie bezieht und auch unter kein Oberthema gestellt wurde. Den Vertrieb hat Redakteur Olaf G. Hilscher praktischerweise an den diverser Clubs gekoppelt.
Im Vorwort entschuldigt sich Olaf für die wenigen sekundärliteraischen Beiträge in der vorliegenden Ausgabe, die aber immerhin einen Infopart von Florian Breitsameter und einen Kommentar von Sascha Hallaschka über die AKTE X-Serie enthält. Außerdem schränkt ein mittelmäßiger Umfang von 48 Seiten die Möglichkeiten, vielfältige Beiträge zu präsentieren, natürlich ein. Eine Infosparte in einem zunächst drei-, inzwischen viermonatlich erscheinenden Fanzine (laut FANDOM OBSERVER 113) mag zwar nicht sehr sinnvoll sein, Florian hat jedoch News mit einer relativ langen "Halbwertszeit" ausgesucht. Sascha beklagt sich über die thematischen Wiederholungen in AKTE X. Nun, die finden sich in jeder Serie, auch in PERRY RHODAN, STAR TREK, BABYLON 5 usw. Gegen den Frust, der dadurch beim Konsumenten entstehen kann, hilft manchmal nur noch die Einstellung der Lektüre oder das Abschalten des Fernsehers.
Die drei Kurzgeschichten in THE FANDHOME PULP 4 transportieren eines gewissen Pessimismus. Olaf G. Hilscher beschreibt in "Das Kristallschiff" eine unbefriedigte Großstädterin, die sowohl in der Realwelt als auch in Traumsequenzen nach dem Sinn ihres Lebens sucht. Gerald Meyer schildert diverse Episoden, die sich in "Der Rosengarten" abspielen. Opiumraucher, Händler und andere undurchsichtige Typen geben sich dort ein Stelldichein. Ralph E. R. Degener läßt in "Am Ende der Straße" seinen Protagonisten mit einem mit Atommüll beladenen LKW durch eine teilweise zerstörte und anarchistische deutsche Republik der Zukunft fahren und zum Schluß eine grausige Entdeckung machen. Immerhin: Schreiben können die drei Autoren.
Geradezu leichtfüßig kommt dagegen die Vorstellung der US-amerikanischen Zeichnerin Debora L. Carr und der Abdruck zweier ihrer Drachen-Bilder sowie eines Gedichtes daher.
THE FANDOM PULP ist Interesse unter den potentiellen Mitarbeitern und Akzeptanz unter der Leserschaft zu wünschen (letzteres ist vermutlich nicht das Problem, da das Zine inzwischen in vier Clubs vertrieben wird). Das nächste Mal aber weniger Frust und Lebensschmerz, bitte, bereits der inhaltlichen Vielfalt wegen.

Armin Möhle, Wallenhorst



TIME SCOOP 7
40 Seiten DIN A 5 (verkl.), Kopie, Mittelheftung.
TIME SCOOP 8
40 Seiten DIN A 5 (verkl.), Kopie, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt. 6,00 DM, 4er-Abonnement 26,00 DM.
Bezug: WORSHIPPERS OF XOANON, Harald Gehlen, Elsenkamp 19, 52428 Jülich-Selgersdorf.

An anderer Stelle schrieb ich ja bereits, daß sich zu jeder Serie irgendwann ein Fanclub zusammenfindet, das Fanzine ist dann nicht weit. THE WORSHIPPERS OF XOANON sind die deutsche Sektion der britischen DOCTOR WHO APPRECIATION SOCIETY und der Gegenstand ihrer Verehrung ist natürlich die TV-Serie DR. WHO. Der Rezensent hat einige (deutsch synchronisierte) Folgen davon gesehen, wäre aber nie auf die Idee gekommen, daß sich Fans solcherart intensiv damit beschäftigen.
TIME SCOOP 8 ist als Sommerspecial ein reines Themenheft mit einer einzigen Story, "Doctor Crossing" von Kolja Dimmek. Es ist eine Collage aus DOCTOR WHO und AKTE X. Die Geschichte liest sich durchaus flüssig, aber der Autor bedient sich derart ausgiebig bei der Substanz beider Serien, so daß nur noch wenig originär von ihm stammt. Damit macht er sich allenfalls zum unautorisierten Ko-Autor und verschwendet das ohne Frage vorhandene eigene Schreibtalent.
TIME SCOOP 7 hingegen bietet die übliche bunte Fanzinemischung an Themen, sei es nun ein Aufruf des Gründers des DOCTOR WHO/SCIENCE FICTION/TELEFANTASY NETWORK James Gorman zu einer Rückkehr der Serie in das Angebot der TV-Sender oder die Niederschrift eines Online-Panels live vom Gallifrey One-Con in Kalifornien mit "Doctor" Colin Baker, "Adric" Matthew Waterhouse und Deborah Watling. Tabellen geben einen Überblick über die einzelnen Seasons und das Leben und Wirken des "2. Doctors" Patrick Troughton findet sich in Stichworten wieder. Um alles abzurunden präsentiert TIME SCOOP acht Seiten des DOCTOR WHO-Comics "Das Sternenbiest".
TIME SCOOP ist ein sehr spezialisiertes Fanzine und wird allgemein interessierten Fans auch kaum unter die Augen kommen. Das Farbcover hebt es aus dem schwarz-weißen Angebot anderer Herausgeber deutlich heraus, doch der Trend zu mehr Farbe wird diesen Vorteil bald zunichte machen. Wer sich nicht wirklich für die TV-Serie DOCTOR WHO begeistert, für den/die ist TIME SCOOP eher von marginalem Interesse, für Fans der Serie eine wahre Fundgrube an Informationen, Kontakten und Anregungen. Das Fehler einer ermüdenden Leserbriefsparte, die sich oft in Haarspaltereien ergeht, macht sich zudem sehr positiv bemerkbar.

Siegfried Breuer, Berlin



NEW WORLDS 30
168 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 7,50 DM.
Bezug: Marco Erhard, Sportplatzstr. 4, Brebersdorf, 97535 Wasserlosen
Bankverbindung: Kreissparkasse Schweinfurt (BLZ 793 501 01), Konto 711176.

Offenbar sind SF- und PR-Fans auch in Österreich sehr aktiv; NEW WORLDS 30 nähert sich im Umfang schon den ANDROMEDA NACHRICHTEN. Der informative Teil ist mit Sparten wie Kino, Computerspiele, Fanzines, Music Corner, Comics, SF-News etc. weit gefächert und kommt unverkrampft daher, aufgelockert durch zahlreiche Cartoons und Bilder.
Die Rezensenten sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob der Film STARSHIP TROOPERS "bösartig und widerlich" (so Harun Raffael) ist oder "faschistische Systeme an der Pranger stellt,... sie lächerlich macht" (Marco Erhard). Nun, Heinleins Buch ist jedenfalls faschistoid, und sollte sich der Streifen davon nicht klar distanzieren, so dürfte ihm schon dies vorzuwerfen sein. Lächerlich - jedenfalls in den mir bekannten Filmausschnitten - ist die Weltraumschlacht, wenn man Peter Terrids Ausführungen aus einem PR-Computer zu den Größenverhältnissen kennt (Hornissenkrieg quer über den Atlantik), und sie zumindest sie soll keine Satire sein.
Milan Knezevic beginnt in NEW WORLDS 30 auf 38 Seiten mit einer mehrteiligen Vorstellung der PERRY RHODAN-Serie, und auf den ersten Blick fragt sich sicher jeder, ob damit nicht Eulen nach Athen getragen werden. Die exposéartigen Zyklusübersichten wirken - wie immer - sehr trocken, verwirrend sowie inhaltlich weit hergeholt und erlauben keinen Einblick in das Lesevergnügen, das die Romane bieten. Milan bettet sie aber ein in die Geschichte der Redaktion durch eine Art Synopse zwischen Handlungs- und Realzeit und zeigt dadurch viele Bezüge und Hintergründe der Erzählung aus realer Tagespolitik und persönlichen Lebensumständen der Autoren auf. Man würde gerne weiterlesen, sieht dem zweiten Teil erwartungsvoll entgegen.
Im Gegensatz zu den AN des SFCD ist NEW WORLDS kein reines Infozine, sondern bietet auch Geschichten und Gedichte. Jörg Ramms "Hexe" steht im Bann eines realen (mittlerweile abgewählten) Politikers als Dämon; das Vergnügen an dieser Story hängt vom politischen Standort des Lesers ab.
In "Traumgänger" läßt Milan Knezevic den unsterblichen Alaska Saedelaere in einer Traumsphäre auf Shabazza treffen - eine Geschichte nicht ohne Schwächen, aber auch nicht ohne Tiefgang.
Weniger positiv ist die Tatsache zu bewerten, daß NEW WORLDS daneben der Unsitte der Fortsetzungsgeschichte frönt, dies obendrein auf dem von mir ungeliebten, von Beliebigkeit geprägten Terrain der Fantasy. Milans "Und es gibt sie doch!" wartet mit der - eigentlich nicht schlechten - Idee auf, daß alle Götter, die in vergangenen und lebenden Religionen jemals vorkamen, leiblich diese Erde betreten. Unwillkürlich denkt man dabei sogleich an die Zombie-Thematik. Milan ruft die Gestalten jedoch nicht zu einer großen Volksversammlung zusammen, sondern läßt sie Kriege gegeneinander führen; es ist aussichtslos, über die Vielzahl sich - à la Bud Spencer und Terence Hill - prügelnder Götter noch den Überblick behalten zu wollen, und man hat schließlich wegen der diversen ominösen Götterkräfte, die dabei unbegreiflich walten, den Eindruck einer Massenveranstaltung der Art "Godzillas Monster kämpft gegen Frankensteins Sohn" o .ä. Jörg Ramms "The Tales of Horon" ist geringfügig besser, beim Lesen stolpert man allerdings immer wieder darüber, daß - offenbar wegen eines EDV-Übertragungsfehlers - manches "li" durch ein "u" ersetzt wurde.
Das Fazit ist dennoch positiv: NEW WORLDS 30 ist kein gescheitertes oder verhindertes Magazin, das sich mit aller Macht um ein gediegenes Erscheinungsbild bemühen und einen abgeklärten Eindruck hinterlassen würde, sondern ein unverbrauchtes, von Enthusiasmus getragenes Fanzine. Wer sich als Fan versteht, wird daran seine Freude haben.

Clemens Nissen s. ps., Neuenburg



2. TAG DER PHANTASIE
20 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 300 Exemplare, 3,00 DM.
Bezug: Edition AVALON, Graudenzer Str. 1a, 10243 Berlin.
Bankverbindung: Bank 24 (BLZ 380 707 24), Konto 141104000, lautend auf Dirk Kurth.

Anläßlich des 2. TAGES DER PHANTASIE in der Archenhold Sternwarte Berlin-Treptow im September ist dieser zwanzig Seiten umfassende Veranstaltungsbegleiter in optisch ansprechender Aufmachung (Farbcover) erschienen.
In seinem Vorwort informiert Hardy Kettlitz über Teile des Programms: Vorträge und Gesprächsrunden von und mit dt. SF-Autoren, Bücher und interaktive Medien, elektronische Musik u. v. m. Aber auch Kritik wird darin laut. Das plötzliche Interesse an SF in Film und Fernsehen drängt zunehmend die anderen Medien, insbesondere die Bücher, in Vergessenheit - ein Phänomen, das schon seit geraumer Weile beobachtet wird und auch den Fanzine-Sektor nachteilig beeinflußt. Ein Grund mehr, bei einem Besuch der Veranstaltung, diesen weniger beachteten Alternativen ein besonderes Augenmerk zu schenken.
Ebenfalls angeprangert wird der zunehmende Militarismus im Genre. Vielleicht ein Feedback auf die aktuellen Krisenherde, die Demonstrationen von Stärke vieler Nationen, die leider wachsende Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz seitens der Bevölkerung?
Ferner befaßt sich das Sonderheft mit den anwesenden Gästen, die in einer Kurzbiographie vorgestellt werden und anschließend selbst zu Wort kommen, darunter Michael Marrak, der in den vergangenen Monaten durch mehrere Publikationen auf sich aufmerksam machte.
Das Sonderheft ist kein Lesebuch, das Kurzgeschichten, Grafiken o. ä. bietet. Es ist ein Begleiter zu einer Veranstaltung, der für Besucher und interessierte Leser Hintergrundinformationen zu den anwesenden Autoren und Musiker bietet.

Irene Salzmann, Kranzberg



SOLAR-X 105
52 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 95 Exemplare, 4,00 DM, 12er-Abonnement 45,00 DM.
Bezug: ANDROMEDA SF-CLUB HALLE, Wilko Müller jr., Volhardstr. 20, 06112 Halle/S.
Bankverbindung: Bayerische Vereinsbank (BLZ 800 200 86), Konto 7800444.

Diese Ausgabe von SOLAR-X beginnt mit einem außergewöhnlich langen Vorwort von Wilko Müller. Er schildert uns seine Probleme, die er mit einem wenig einsichtigen Autoren hatte, dessen Kurzgeschichte er zurückschicken mußte, weil sie nicht für den Abdruck in SOLAR-X geeignet war.
Im Grunde genommen bedarf es dafür keiner Rechtfertigung, denn als Chefredakteur kann er natürlich entscheiden, welche Story er abdruckt oder nicht. Letzte Instanz ist ohnehin immer der persönliche Geschmack. In Fankreisen ist es aber sicherlich ein Gebot der Solidarität, dem Autoren kurz mitzuteilen, warum die Story ungeeignet ist. Das hat Wilko gemacht. Ein Grund für die Ablehnung war die fehlende bzw. mißverständliche Aussage der Geschichte. Die prompte Erwiderung des gekränkten Autoren: Muß Literatur immer eine Aussage oder Rechtfertigung haben? Und dann sucht derselbe sein Heil im Dadaismus, einer Kunstrichtung, die inhaltliche Konventionen durch Sinnlosigkeit ad absurdum führen wollte. Der Rezensent stellt sich natürlich sofort die Frage: Ist das dann noch sinnlos? Wilko gibt jedenfalls eine sehr vernünftige und die wahrscheinlich einzig sinnvolle Antwort auf dieses Argument: Eine erklärungsbedürftige Story ist eine schlechte Story. Ein "Schriftsteller", wenn man diesen hochtrabenden Ausdruck verwenden will, sollte in der Lage sein, seine Gedanken so auszudrücken, daß andere sie verstehen können. Eine Meßlatte, die - wie ich finde - nicht zu hoch angelegt ist. (Nebenbei: mit einer nicht veröffentlichten Story kann man nicht nur eine Seite Vorwort füllen, sondern zusätzlich eine halbe Seite Fanzinekritik... Und ich bin kein Dadaist!).
Die Meßlatte leichtfüßig überwunden hat Christian von Aster mit seiner Story "Phönix". Er beschreibt ein altes Thema der Science Fiction, die Beherrschbarkeit der Technik. Durch die technische Neuerung die seiner Story zugrunde liegt, kann er dem Thema durchaus einen neuen Aspekt abgewinnen. Am Anfang stören zwar die abstrakten technischen Beschreibungen etwas und der Opfertod eines Wissenschaftlers gegen Schluß erscheint auch etwas unglaubwürdig, aber es ist eine solide Geschichte mit einer klaren Aussage.
"I. M. Wanderer" von Markus Pristovsek ist eher eine Groteske, die keine Moral vermitteln will. Sie hat in dem lehrmeisterlichen Sinne keine "Aussage", ist aber eine gut durchdachte und klar erzählte Geschichte mit einigen komischen Seiten, so z. B. wenn der Protagonist sich als informeller Mitarbeiter bei der Stasi meldet, um seine außerirdischen Besucher vor einer Verfolgung zu schützen.
Die Story "Krank" von Stok (?) hingegen wirkt ein wenig, als wenn der Autor alle die Dinge aufgezählt hätte, die ihn an dieser Welt stören und die ihn krank machen. Letztlich geht es ihm darum, die gesellschaftliche Doppelmoral aufzuzeigen. Auch wenn der Erzählstil der Story mir persönlich nicht gefallen hat, hat sie ebenfalls keine Mühe, die Meßlatte zu überwinden.
Der letzte Primärbeitrag dieser Ausgabe (auf der Umschlagrückseite!) beschreibt eigentlich mehr eine Idee, als eine Geschichte zu erzählen. Wie fühlt sich ein virtueller Baum in einem der Computerrollenspiele? Felix Weber erzählt es uns in "Aus dem Tagebuch eines SchaWe-Baumes".
Herausragende sekundärliterarische Beiträge in diesem Heft sind die sehr ausführliche Besprechung von Peter Schünemann zu John Brunners DER SCHOCKWELLENREITER und Jens Paulings Vorstellung von Tad Williams neuem Roman OTHERLAND. Und natürlich gibt es wieder die übliche Mischung aus Buchrezensionen und News. Als außergewöhnliches Schmankerl müssen noch die beiden Lyriken von Loyd M. Lohr aus den USA erwähnt werden, denen in den nächsten Heften auch Stories folgen sollen. Wir dürfen weiter gespannt sein...

Holger Marks, Marburg



Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de

Preise: Einzelexemplar 1,20 DM, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 6,00 DM (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im PRBCBS im Interesseabo zu beziehen.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dirk van den Boom, Siegfried Breuer, Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Irene Salzmann.
Auflage: 90 Exemplare. 

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!